100 Jahre Sonderverein der Züchter Französische Kropftauben von 1921
Französische Kröpfer in Deutschland
Im Jahr 1860 gelangte der Typ des Oplopers aus dem nordfranzösisch-flämischen Raum nach Deutschland, wo er aufgrund seiner extremen figürlichen Eigenschaften und seines lebhaften Wesens viel Aufmerksamkeit erregte.
1868 von Robert Oettel erstmals in Dresden gezeigt, fand diese Rasse viel Zuspruch und verbreitete sich vor allem im Frankfurter sowie Wormser Raum. Zur 6. Nationalen in Berlin 1899 wurden beachtliche 78 Französische Kröpfe aus ganz Deutschland in Weiß und Geherzt präsentiert.
Dieser erfreulichen Entwicklung setzte der 1. Weltkrieg ein Ende.
Altgediente Züchter sammelten die wenig verbliebenen Tiere und starteten in der kargen Nachkriegszeit einen bescheidenen Neuanfang.
Die Gründung des Sondervereins
Die Resonanz auf den Aufruf zur Gründung einer „Vereinigung der Züchter des Französischen Kröpfers“ war überwältigend. Und so kam es zur Gründungsversammlung 1921, aus der folgender Vorstand hervorging: 1. Vorsitzender Philipp Forster II, 2. Vorsitzender Peter Diefenbach, Schriftführer Richard Klein, Rechner A. Scheffel
Nach der Zeit geschuldeten Anlaufschwierigkeiten und der Übernahme des Vorsitzes durch Richard Klein belebte sich das Vereinsgeschehen, insbesondere durch die Belehrungsschauen, getragen vom hohen Sachverstand der Preisrichter.
1931 wurde der Vorstand durch Ludwig Ronsheimer (Franzosenzüchter seit 1891) als Kassierer und Geschäftsführer erweitert. Er war die zentrale Anlaufstelle im SV-Geschehen bis er schließlich ab 1940 kriegsbedingt den Sonderverein führte, ihn über die Kriegsjahre und Nachkriegszeit brachte. Für seinen langjährigen, aufopferungsvollen Einsatz wurde er 1950 zum Ehrenvorsitzenden berufen.
Der junge Georg Pleines (erfolgreicher Züchter schwarzgeherzter Franzosen) löste 1933 den aus Altersgründen ausscheidenden Peter Diefenbach als 2. Vorsitzender ab.
Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges erlahmte das Vereinsleben. Züchter mussten zum Kriegsdienst, ganze Zuchten wurden ausgelöscht oder wegen Futtermangel aufgeben.
Die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen nach Kriegsende trennte im Zuchtzentrum um Worms die links- von den rechtsrheinischen Züchtern. Ein Neuanfang war schwerlich und kaum vorstellbar.
Neustart nach dem 2. Weltkrieg
Nach kleineren Zusammenkünften kam es dann am 26. März 1950 im „Römer“ in Worms zur Generalversammlung. Jacob Kern aus Lampertheim wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt; unterstützt von Wilhelm Dietl als sein Stellvertreter, Johann Cornelius als Kassierer und dem Beistzer Johann Flauaus. Später verstärkte Peter Berg als Schriftführer den Vorstand. Nach dessen frühen Tod übernahm Karl Brückmann dieses Amt, das er dann 25 Jahre inne hatte. Jacob Kern als die bedeutendste Züchterpersönlichkeit der Sondervereinsgeschichte gab der Rasse enorme Impulse und setzte den Sonderverein ins Rampenlicht, wie z.B. mit der unter seiner Leitung in Lampertheim stattgefundenen 6. VDT-Schau 1957, wo 80 Franzosen in hoher Qualität für die Rasse und seinen Sonderverein warben.
1970 stellte Jacob Kern sein Amt wegen ständiger beruflicher Auslandseinsätze zur Verfügung und wurde aufgrund seiner exorbitanten Leistungen zum Ehrenvorsitzenden gekürt. Das Amt des Vorsitzenden übernahm dann der junge aus Oberkirch im Schwarzwald stammende Gerhard Birner, der sich als hervorragender Züchter, Autor und Künstler (zahlreiche seiner Schnitzwerke und Reliefs zieren die Züchterstuben) einen Namen gemacht hat. Zum Vorstand zählten Heinrich Schellhaas (2. Vorsitzender), Johann Cornelius (Kassierer), Karl Brückmann (Schriftführer) und die Beisitzer Georg Huber (Frankreich), Wilhelm Dietl und Klaus Cleres.
Priorität in seiner knapp 20-jährigen Vereinsführung hatte die Stärkung des Vereins durch Mitgliedergewinnung, die breitere SV-Ausrichtung ins benachbarte Elsass, nach Österreich sowie die Kontaktknüpfung und -förderung zu interessierten ostdeutsche Züchtern, nicht nur verbal, sondern auch mittels Unterstützung mit Zuchttieren, sofern sich Möglichkeiten dazu eröffneten.
Vom Bundeszuchtausschuss auferlegte Musterbeschreibungsänderung brachten Unruhe in den SV und behinderten die bislang gewohnte, geordnete Sondervereinsarbeit. Gerhard Birner, der für den SV und seine Mitglieder viel geleistet hat, reichte seinen Rücktritt ein.
Am 21.05.1989 wurde ein neuer Vorstand gewählt mit Dietmar Steller als Vorsitzenden, Adolf Brauchle als Stellvertreter (seit 1980), Klaus Cleres als Kassierer und Zuchtwart, Hans-Werner Heuser als Schriftführer (seit 1985), H. Krug, R. Ziegler (A), Raymond Fetter (F) als Beisitzer. Gerhard Birner begleitete 25 Jahre den Ehrenvorsitz und war immer Vorbild und moralische Instanz.
Französische Kröpfer und die SZG im Osten Deutschlands
Im Osten hatten Französische Kröpfe nach dem Krieg keine Bedeutung. Es gab nur vereinzelt Tiere und kaum Züchter, die sich dieser anspruchsvollen Rasse widmeten. Erst in den sechziger Jahren befassten sich wenige Züchter, die mit Resttieren, mit Kreuzungsversuchen sowie Einfuhren aus dem Westen des Landes sich Französische Kröpferzuchten aufbauten. Das Interesse an dieser Rasse wurde geweckt, nachdem erste Exemplare auf Ausstellungen zu sehen waren. So standen zur Kropftaubenschau in Leipzig 1974 von 4 Ausstellern 29 und 1980 von 20 Züchtern 151 Franzosen. Eine enorme Entwicklung in kurzer Zeit. Seit 1972 wurden die Züchter von der SZG Brünner Kröpfer als Interessengemeinschaft betreut, da der VKSK-Verband eine eigenständige SZG nicht genehmigte. Erst 1986 kam es dann zur Gründung einer SZG Französische Kröpfer, die der VKSK wegen Zunahme der Züchter nicht mehr verhindern konnte.
Dem Gründungsvorstand gehörten bis zur Vereinigung mit dem Sonderverein an Obmann (1.Vorsitzender) Christoph Taubert, Stellvertreter Albrecht Schöne, Schriftführer Lutz Israel, Kassierer Ralf Neumann, Zuchtwart Dr. Hans Schingen
Infolge dieser Gründung stiegen die Mitgliederzahlen weiter, ein familiäres und gutes Miteinander bildete sich im Verein heraus und die Beteiligung an den Spezialschauen erreichte beste Ergebnisse, wie z.B. 1986 zur Spezialschau (Hauptschau) in Lauchhammer, wo 236 Französische Kröpfe im Wettbewerb sich präsentierten.
Die Entwicklung des Sondervereins seit 1990
Nach der Wende und der später folgenden Vereinigung der beiden Deutschen Staaten stand natürlich auch ein Zusammengehen von SZG und SV zu einem einheitlichen Vereinsgebilde auf der Tagesordnung. Das Jahr 1990 – noch von Eigenständigkeiten geprägt – wurde genutzt, den Vereinigungsprozess im Detail zu fixieren.
Resultat dieser Gespräche war, dass sich die SZG zum 31.12.1990 auflöst und jedes beitrittswillige Mitglied zum 01.01.1991 in den Sonderverein eintreten kann und dort weiter als Mitglied unter Anrechnung der in der SZG absolvierten Mitgliedsjahre und erhaltenen Auszeichnungen geführt wird. Von den 31 ehemaligen SZG-Mitglieder sind 19 dem SV beigetretren. Der SZG- Obmann wurde zum 2. Vorsitzenden berufen und der SZG-Zuchtwart wurde Zuchtwart im Sonderverein.
Ein kleiner, sich im Aufbau befindlicher Kreis von Züchtern von Lillerkröpfern stellte das Ansinnen, sich als Interessengruppe unserem SV anzuschließen mit dem Ziel, sich zu stabilisieren, um dann einen eigenständigen Sonderverein zu gründen. Mit der Gründung ihres Sondervereins trat diese Züchtergruppe aus unserem Sonderverein im Jahr 1996 wieder aus.
Zur Herbstversammlung 1995 mit Neuwahl des Vorstandes stellte sich der Vorsitzende Dietmar Steller nicht mehr zur Wahl. Der maßgeblich am Vereinigungsprozess beteiligte Günter Weithase aus Thüringen erklärte sich bereit; für dieses Amt zu kandidieren.
Gewählt wurden Vorsitzender Günter Weithase, Stellvertreter Christoph Taubert, Schriftführer Lutz Israel, Kassierer Klaus Cleres, Zuchtwart Dr. Hans Schingen, Beisitzer Werner Felger und Wilfried Huhn, Rasseobmann Lillerkröpfer Johann Froschmeier
Erste Herausforderung für den neuen Vorstand war die Vorbereitung auf den Wettbewerb um den Goldenen Siegerring zur 78. Nationalen in Frankfurt 1996. Udo Grossek erkämpfte sich mit seinen Weißen den begehrten Ring, Platz 2 ging an Klaus Cleres und Heinz Holl erreichte Rang 3 – alle drei Erringer sind über viele Jahre erfolgreiche Züchter.
Das 80-jährige Vereinsjubiläum, organisiert vom Vorsitzenden in seinem Heimatort, war mit einem ganz besonderen Festprogramm ein echter Höhepunkt und ein gelungener Beitrag, die Züchtergemeinschaft weiter zu festigen. Zur angeschlossenen JHV mit Wahl übergab Klaus Cleres nach 25 Jahren Kassenverwaltung sein Amt. Peter Wascher wurde zum neuen Kassierer gewählt.
Überraschend stellte der Vorsitzende Günter Weithase im Jahr 2003 den Antrag, ihm zur Herbstversammlung von seiner Funktion zu entbinden. Die kommissarische Führung wurde dem 2. Vorsitzenden bis zur Wahl 2004 übertragen mit der Option, dann für dieses Amt zu kandidieren.
Zur Herbsttagung 2004 mit Neuwahl des Vorstandes stand die zukünftige Gestaltung des SV-Geschehens auf der Tagesordnung.
Dem neuen Vorstand unter Leitung des Vorsitzenden Christoph Taubert gehörten an: Lutz Israel als 2. Vorsitzender, Hans-Werner Heuser als Schriftführer, Peter Wascher als Kassierer, Dr. Hans Schingen als Zuchtwart, Didier Fabre als Koordinator für Frankreich und Werner Felger als Beisitzer.
Im Bericht des Vorsitzenden standen zahlreiche für die Zukunft geplante organisatorische Maßnahmen, die vorgestellt und von der Versammlung beschlossen wurden wie z.B. die weitere Vertiefung der deutsch-französischen Beziehungen auf Vereinsebene mit weiteren Gemeinschaftsschauen und Züchtertreffen in beiden Ländern zu forcieren. Die Weiterführung unserer Jahresbroschüre (die erste Ausgabe – erstellt vom Redakteur Dr. Hans Schingen – war zu Ostern 2004 allen Mitgliedern zugesandt worden) fand vorbehaltlich der finanziellen Absicherung breite Zustimmung. Seitdem erscheint jährlich unser „Franzosen-Journal“ in einer stetig verbesserten Qualität. Ein Dankeschön an die Redakteure Wolfgang Schreiber und Dr. Hans Schingen. Das Journal im Jubiläumsjahr – der 18. Jahrgang mit fast 100 Seiten – fokussiert die 100-jährige Sondervereinsgeschichte, seine Züchterpersönlichkeiten, die Rassegeschichte und den gegenwärtigen Zuchtstand aller Farbenschläge. Es ist ein besonders wertvolles Nachschlagewerk für unsere Mitglieder und alle Interessenten.
Zur Herbstversammlung 2007 in Mommenheim wurde in das Amt des 2. Vorsitzenden Hans-Werner Heuser gewählt. Als Schriftführer wurde Michael Aubera und Johann Reiter (Österreich) zum Beisitzer berufen.
Die Mitgliederzahl ist in den Jahren stetig gestiegen und war im Wahljahr 2010 auf 48 Personen angewachsen. Nach 3 Legislaturperioden als Kassierer hat Peter Wascher sein Amt zur Verfügung gestellt und es an den gewählten Hartmut Buchler übergeben. Alle anderen Vorstände sind in ihren Funktionen bestätigt worden.
2014 ist durch das Mutterland der Europastandard im einvernehmlichen Wirken mit unserem Sonderverein erarbeitet worden. Im gleichen Jahr kam es zum ersten Treffen norddeutscher Züchter. Dieser zwanglos geführte Erfahrungsaustausch, jeweils am 3. Oktober und immer bei einem anderen Züchter im nördlichen Zuchtzentrum, ist zur Tradition geworden.
Zur Herbsttagung 2016 mit Vorstandswahl in Lübbenau sind der Schriftführer Michael Aubera, der zusammen mit Berthold Popp die SV-Homepage installiert hat, und Johann Reiter nicht mehr zur Wiederwahl angetreten. Das Schriftführeramt wird seither von Andreas Bärwald abgesichert und Sven Schweder verstärkt den Vorstand mit seinen züchterischen Kenntnissen.
Die Mitgliederzahl erreichte 2016 einen kurzzeitigen Höchststand mit 66 Mitgliedern, ist aber leider wegen natürlicher Abgänge und geringer Zugänge rückläufig, liegt zur Zeit noch leicht über der Zielmarke 60.
Die Herbstversammlung 2019 in Oybin begann mit einer Gedenkminute für unseren Ehrenvorsitzenden Gerhard Birner (Mitglied sei 1956) und unseren langjährigen Redakteur Wolfgang Schreiber, die Anfang des Jahres verstorben sind. An ihren Werdegang im SV und ihre Verdienste für den Verein hat der Vorsitzende nochmals erinnert.
Nach vielen Jahren Vorstandstätigkeit in verschiedenen Funktionen, zuletzt als 2.Vorsitzender wurde Hans-Werner Heuser auf eigenen Wunsch von seiner Funktion entbunden und ihm mit der Ehrenmitgliedschaft gedankt. Uwe Weiß wurde für das Amt des 2. Vorsitzenden von der Versammlung gewählt sowie alle anderen Funktionsträger in ihren Ämtern bestätigt.
Das Jahr 2020 hat mit Ausbruch der Corona-Pandemie auch alle geplanten SV-Vorhaben (Züchtertreffen in Mommenheim, Sonderschauen in Leipzig, Hannover, Meyenburg ) ausfallen lassen. Allen Mitgestaltern des SV-Geschehens ist herzlich für ihre Leidenschaft und Opferbereitschaft zum Wohle des Vereins und der betreuten Rasse zu danken.
Bleibt zu hoffen, dass im Jubiläumsjahr unsere geplanten Veranstaltungen durchgeführt werden können.
Christoph Taubert
Interessenten für die Ausgabe im Jubiläumsjahr , in der eine ausführliche SV-Chronik sowie Porträts von Züchterpersönlichkeiten, der geschichtliche Werdegang, die züchterische Entwicklung und der jetzige Stand der Rasse umfangreich dargestellt sind, können sich gerne an den Vorsitzenden wenden:
Christoph Taubert Dorfmitte 8 in 08499 Mylau
Tel.: 03765 305514
email: c.taubert@online.de