Zuchtfreund Prof. Axel Sell im Club der 75er
Am 10.07.2018 konnte unser Zuchtfreund Prof. Axel Sell auf 75 Lebensjahre zurückblicken.
Die europäische Taubenzucht verdankt Prof. Axel Sell sehr viel. Früher züchtete man mehr nach den Weisheiten bzw. Überlieferungen der erfahrenen Zuchtfreunde. Zuchtfreund Regenstein war es, der uns als Erster die Genetik der Rassegeflügelzucht in Wort und Schrift etwas näher brachte.
Dann war/ist es Prof. Axel Sell, der uns durch seine Sprachkenntnisse die angelsächsische Literatur über die Taubengenetik übermittelte. Und nicht nur das, er ist/ war nicht nur “Übersetzer” und Theoretiker, in seiner “Züchterwerkstatt” wird/wurde vieles überprüft und neues getestet. So gibt es unter anderem die Pommerschen Schaukappen heute in vielen neuen Farb-Kreationen; nicht nur im traditionellen Weiß.
Die interessierten/versierten Züchter wissen nun um die Grundlagen der Farbgenetik bei der Taube bescheid. Die Grundfarbe (davon gibt es drei: Schwarz, Rot, Braun), dann das Zeichnungsmuster ( von Hohlig, Bindig bis hin zum Dunkel ) und den modifizierenden Faktoren (Ausbreitungsfaktor, Bronzefaktoren, Schmutzfaktoren ..)
Diese Zusammenhänge hat Prof. Axel Sell auch in vielen seiner Bücher dargelegt und bleiben somit der Nachwelt erhalten. Auch beteiligt er sich sehr intensiv an den Diskussionen und Fragen in den sozialen Netzwerken, wie Facebook.
Heute befasst sich ein kleiner Kreis, insbesondere jüngere Zuchtfreunde intensiv mit dem Thema Vererbungslehre.
Mit viel Engagement versuchte Prof. Axel Sell auch immer seine Erkenntnisse in unsere Organisation einzubringen. Leider scheiterte das sehr oft an den “verkrusteten” Strukturen. Jetzt veröffentlicht Prof. Axel Sell seine Erfahrungen und Einschätzungen auf seiner Homepage, wo sie von allen Interessierten nachgelesen werden können. http://www.taubensell.de/
Wissenschaftler haben immer einen Blick nach vorne, so gibt uns Prof. Axel Sell über Facebook und seiner Homepage folgenden Gedankenanstoß:
“Welche Farbe ist das? Für Taubenzüchter, die in Rassegeflügelzuchtvereinen groß geworden und durch das Ausstellungswesen geprägt sind, eine seltsame Frage. Man sieht in den Standard und vergleicht. Für Almond z.B. liest man „ein almondfarbenes Grundgefieder mit schwarzen Stippen oder Sprenkeln, Schwingen und Schwanz dreifarbig“. Sind die Abweichungen vom Standard groß, dann ist es kein schlechter Almond mehr, sondern eine nicht anerkannte Farbe. Bei einigen Färbungen müssen auch Standardexperten passen. Tauben mit dem inzwischen gut verbreiteten Gen ‚Rubella‘ kennt der Standard nicht. Platin ist in Kombination mit dem Farbausbreitungsfaktor im Standard, die bindige und gehämmerte Variante nicht. Früher hatte man – etwas ironisiert – eine große Klasse für solche Färbungen, ‚Fehlfarben‘.
Inzwischen hat sich auch jenseits des Ausstellungswesens eine Szene entwickelt, in der ein Interesse an seltenen Farben und nicht zuletzt an diesen ‚Fehlfarben‘ besteht. Getragen wird sie von ehemaligen Brieftaubenliebhabern und Flugtaubenliebhabern, die meist keine Standards kennen und über genetische Hintergründe nur vage informiert sind. Auf die Frage, welche Farbe ist das, wird man am besten und zutreffendsten antworten, eine schöne. Denn sie wird selten den Anforderungen der Musterbeschreibung für irgendeine Klasse des Ausstellungswesens entsprechen.”
Darüber sollten wir nachdenken in Zeiten wo es immer weniger gelingt neue Interessierte für unsere Sache zu gewinnen, für unsere “eingefahrenen Strukturen”. Als die AOC – Klasse eingeführt wurde, gab es große Bedenken für “unser System”! Das ist nicht eingetreten, nur wurde die AOC nicht so eingeführt wie der Name – All Other Colors ( Alle anderen Farben) – sagt und z. B. in den USA praktiziert wird, sondern “eingedeutscht”..
Als ich vor einiger Zeit mal Prof. Axel Sell fragte, ob man nicht auch auf seine Publikationen mehr hinweisen sollte, antwortete er mir in seiner bescheidenen Art: Wer es sucht, wird es auch finden!
Lieber Prof. Axel Sell, wir wünschen Ihnen Gesundheit, eine gute Zeit im Kreise Ihrer Familie und dass wir noch recht viel über Genetik von Ihnen erfahren dürfen.
Reinhard Nawrotzky
Die Deutsche Rassetaubenzucht hat Prof. Axel Sell viel zu verdanken. Er ist nicht nur ein hervorragender Taubengenetiker, sondern auch ein feiner Zuchtfreund, der jede Frage umgehend und geduldig beantwortet. Herzliche Glückwünsche und noch viele Jahre Schaffenskraft bei guter Gesundheit!!!