Unterwegs in Ungarn 2017/2018
Unterwegs in Ungarn 2017/2018 – Teil 1 – Die Ausstellungen
In der vergangenen Saison war ich auf Ausstellungen in Westungarn unterwegs und möchte gerne schildern, welche Taubenrassen ausgestellt wurden. Die Ausstellungen, die ich besucht habe, umfassten rund 500 bis 600 Tauben. Einige Hühner als Stämme oder einzeln, waren auch zu sehen, aber ganz klar ist Ungarn in Bezug auf die Geflügelzucht ein Taubenland, wurde mir wieder bestätigt.
Enthalten waren auch stets kleine Brieftaubenkollektionen, bei denen es nicht um das Aussehen ging, sondern um die Auswertung der Flüge und um die Präsentation des Resultate auf der lokalen bzw. regionalen Ausstellung.
Ungarische Riesentauben
Den Anfang machen in Ungarn immer die Ungarischen Riesentauben. Sie sind das Markenzeichen der ungarischen Taubenzucht und des ungarischen Verbandes MGKSZ. Tatsächlich sind es große Tauben, und ihre Qualität gefiel mir sehr gut mit wuchtigen, tief stehenden Körpern, stämmigen Hälsen und vollstirnigen Köpfen mit einer generell recht schönen Haube. Es sind ruhige Tauben, ein wenig wirken sie wie Teddybären, die oft in Weiß, Schwarz und Schwarzgetigert gezeigt werden. Im Süden Ungarns sollen sie gut verbreitet sein, aber ich war auch von der Güte auf den von mir besuchten Ausstellungen überzeugt.
Formentauben
Sehr beliebt sind in Ungarn die Formentauben, Giant Homer, Texaner, King, Strasser und besonders die Mondain stehen bei den Ungarn hoch im Kurs. Etwas besser dürfte die Qualität auf den Schauen sein, auf denen die Sonderschauen der ungarischen Klubs angeschlossen sind. Eine ungarische Rasse in Blau ohne Binden sah ich zweimal: die Szovater Blauen. Es sind kräftige, etwas aufgerichtet stehende und kurze Formentauben in nur diesem Farbschlag. Ungarische Schönheitsbrieftauben sah ich nur mit wenigen Tauben, aber recht gute und große. Eine andere Rasse, die Ungarische Huhntaube, sah ich nicht; aus deutscher Sicht sind sie kaum Aufsehen erregend. Man spürt – ähnlich wie bei uns – auf den Schauen den Unterschied zwischen einer mittleren Qualität und den Tauben aus ausgezeichneten Zuchten. Es gibt sie, die Superzuchten, und als sich in Europa der Typwandel zur modernen Kingtaube vollzog, waren es auch Tauben „made in HU“, die maßgebend westliche Zuchten beeinflussten.
Kropftauben
Die „Magyar Begyes“, die Ungarischen Kröpfer, sah ich nicht. Sie sind wohl ein Fall für Spezialisten mit ihren sehr langen Federn. Dagegen gibt es gute Zuchten der Pommerschen Kröpfer und der Englischen Kröpfer (das Zwergformat kommt wohl nicht so gut an), und ich sah auch ordentliche Norwichkröpfer.
Die Verkehrtflügelkröpfer auf einer Schau in Zalaegerszeg enttäuschten in der Pflege; schöne Latschen fehlten einfach und brachten deutliche Punkteabzüge. Ansonsten spielen die Kropftauben keine große Rolle in der Taubenzucht Ungarns.
Warzentauben
Immer wieder sieht man ordentliche Kollektionen der Warzentauben, in erster Linie der Carrier, die generell im Osten Europas beliebt sind. Die Figur ist dort, wie heute überall in Europa, lang, schlank und aufgerichtet und der Carrier immer etwas nervös in den Käfigen stehend.
Strukturtauben
Überall sieht man Strukturtauben. Die Pfautauben werden Amerikanische Pfautauben genannt, denn es gibt auch eine Ungarische Pfautaube, die mir aufgrund des gemäßigten Aussehens und mit kurzen Fußfedern gut gefällt. Ihre Heimat ist das pannonische Westungarn und man braucht zur Zucht keine Schwanzfedern zu schneiden, was sie schon recht sympathisch für die Haltung macht. Es gibt sie meistens in Weiß, hin und wieder auch gescheckt in Schwarz. Einzug gehalten hat in Ungarn auch die Indische Pfautaube, die ebenfalls gut ankommt. Auf allen Schauen sah ich Lockentauben, teils schöne, und teils hätten sie mehr Lockenpracht haben können (eine schön gedrehte, lange Lockenfeder); vielleicht liegt es daran, dass es in Ungarn keinen Sonderverein für diese Rasse gibt, dann könnte man gezielt die Verbesserungen propagieren. Immer beliebter werden die Altholländischen Kapuziner. Ja, Figur und Struktur hinterließen vor allem bei den einfarbig Weißen, eine guten Gesamteindruck. Chinesentauben in Rot und Gelb waren zu lang in der Figur.
Trommeltauben
Trommeltauben sah ich so gut wie keine; bis auf die Bucharen sind sie für ungarische Züchter auch wohl kein Thema.
Farbentauben
Ähnlich gilt das für die Farbentauben. Ich sah Gimpeltauben, die in den wesentlichen Rassemerkmalen der Grundfarbe und des Glanzes weit hinten lagen, dagegen waren die Sächsischen Flügeltauben besser (schwarz und blau mit weißen Binden), aber ohne Schauvorbereitung im Sinne geputzter Schnippen usw. fehlt doch einiges zum guten Gesamteindruck.
Mövchentauben
Mövchen sind in erster Linie als Orientalische Mövchen beliebt. Andere Rassen, wie das Altdeutsche Mövchen, werden beliebter, aber auch hier liegt das Pech in der fehlenden Propaganda für das Rasseideal. Hin und wieder sah ich Deutsche Schildmövchen. Einen guten Gesamteindruck hinterließ die Sonderschau des ungarischen Mövchenklubs in Nagycenk. Hier sah man Orientalen und Deutsche Schildmövchen, die auch auf deutschen Schauen durchaus bestehen könnten. Italienische Mövchen waren weit vom internationalen Standard entfernt. Ein Züchter in Ungarn befasst sich mit der Schaffung eines rundkappigen, bestrümpften Mövchen in Blauschildig mit Bronzebinden, das hier lediglich vorgestellt wurde.
Tümmlertauben
Wo die Ungarn wirklich „punkten können“, das sind die Tümmlertauben. Man sieht immer mehrere ungarische Rassen und durchaus schöne Rassevertreter. Ungarn ist ein echtes Tümmlerland. In diesem Bericht möchte ich nur die Rassen nennen, die ich auf den Schauen sah. Weitere Rassen findet man in ihren Ursprungsgebieten im Süden Ungarns häufiger vor; dort sind die meisten Rassen zu Hause. Ich sah (in fast gleichen Meldezahlen) Erlauer Blaue Hochflieger, Ungarische Schimmel und Csepeler Schneeweiße Hochflieger sowie Szegediner Hochflieger, alle in guter Qualität. Immer wieder sah ich einige Birmingham-Roller, die in Ungarn ausgestellt werden können, und ähnliche Tauben, die als „Magyar Pergö“, als Ungarischer Roller gezeigt werden. Einige Parlor-Bodenroller gab es ebenfalls, aber es ist eigentlich eine Rasse, die im Bodenrollen und nicht im Schaukäfig zu bewerten ist. Debreciner Roller sah in Rot und Gelb sowie Vielfarbig. Neben den ungarischen Rassen waren auch immer wieder einige Rassen aus Rumänien zu sehen. Westliche Tümmlerrassen sieht man wenige, was auch nicht verwundert, wenn man weiß, dass es auch eine ungarische Elsterpurzlerrasse, die „Magyar Szarka“ gibt. Mehr über die Tümmler und ungarische Taubenrassen im zweiten Teil dieser Reportage.
Remco de Koster