“Jungtaubenkrankheit” 2017
Liebe Jungzüchterinnen, Jungzüchter, Züchterfrauen und Zuchtfreunde.
Wir alle wünschten uns, dass sich eine Ausstellungssaison 2016 (durch die vielen Absagen wegen der “Vogelgrippe”) in 2017 nicht wiederholt. Und jetzt zeichnet sich in 2017 ein anderes, schwerwiegenderes Problem ab. Es wird uns berichtet, dass unsere Taubenbestände zum Teil sehr heftig von der “Jungtaubenkrankheit” getroffen werden. Ausstellungen wurden schon verkürzt und teilweise wird von vielen Totalverlusten berichtet.
In der Kürze kann so ein komplexes Thema nicht aufgearbeitet werden, der Vorstand wird aber zur JHV 2017 in Leipzig diesbezüglich Vorschläge unterbreiten. Und ein umfangreicher Beitrag im Jahrbuch 2017 befasst sich mit einem Teil dieser Problematik!
Warum stellt uns die Gesundheit unserer Jungtauben vor immer größere Probleme?
Das Schlüsselwort heißt: “Aktive Immunität!”
Die drei Säulen der Gesundheit:
- Gute Verdauung im Kropf, Magen und Darm (Der Darm ist das größte Organ bei Geflügel/Tauben)
- Leistungsfähige Leber
- Freie Atemwege
In unserem Umfeld und dem unserer Tiere lauern “an jeder Ecke” Gefahren durch Bakterien und Viren. Und das Immunsystem aller Lebewesen bildet gegen diese Angriffe Abwehrmechanismen. Unsere Mitmenschen in Entwicklungsländern kommen mit den “Keimen” im Trinkwasser relativ gut klar, wenn wir dort hinreisen, stellt uns das vor riesige Probleme. Wenn ein Kalb geboren wird, und es bekommt in den ersten Stunden keine “Biestmilch”, so sind die Überlebungschancen gering. Die Neugeborenen kommen mit den Keimen der Umwelt nicht klar.
Und bei den Vögeln zu denen auch unsere Tauben zählen?
Die bekommen ihre maternalen Antikörper über den “Dottersack” durch das Ei. Damit sind unsere jungen Tauben die ersten Tage und Wochen geschützt.
Das eigene Immunsystem ist erst ab ca. dem 8. Lebensmonat in der Lage sich aktiv gegen alle möglichen “Angriffe aus der Umwelt” aktiv zu wehren. Und in diesem Abschnitt des jungen Taubenlebens werden die meisten Fehler gemacht. Die Folge ist, dass das eigene Immunsystem der jungen Tauben nicht genügend trainiert ist. Gleichzeitig treten immer neue “Angreifer” auf, teilweise sind die “Angreifer” gegen immer mehr “Mittelchen der Industrie” resistent. Auch ist die Industrie aus Rentabilitätsgründen immer weniger bereit, neue Produkte auf den Markt zu bringen.
In dieser Abwärtsspirale befinden wir uns, und unsere Aufgabe wird es sein, unser Tun grundlegend zu überdenken! Es ist nicht ein Fehler der gemacht wird, die Summe bringt das “Fass zum Überlaufen”. Und es gibt nicht ein Rezept wie beim Kuchenbacken, das zum Erfolg führt!
Wir haben es mit jungen, teilweise noch “ungeschützten” Lebewesen zu tun! Ein Zuchtfreund mit sehr viel Fachwissen bezeichnet sie als “Züchterkrankheit”!
Es freut mich /uns, dass Zuchtfreund Maik Löffler bereit war, in der Kürze der Zeit für uns seine Erfahrungen niederzuschreiben, uns sehr viele Bilder zur Verfügung stellte und daraus der Beitrag zusammengestellt werden konnte.
Reinhard Nawrotzky
Jungtaubenkrankheits – Syndrom
Nachdem ich von einigen Züchtern gebeten wurde, zum Thema Jungtaubenkrankheits-Syndrom wieder etwas zu schreiben, möchte ich dem gerne nachkommen. Ich habe dazu bereits einiges ausgeführt, deswegen stelle ich an dieser Stelle erst einmal nur alles in verkürzter Form dar und möchte aber auch das Verhalten einiger Züchter kritisch betrachten. Denn bestimmte Verhaltensmuster bringen uns die Probleme erst ins Haus! Im einem weiteren Beitrag werde ich das Thema systematischer aufarbeiten, weniger chaotisch als in diesem Beitrag.
Seit ca. 20 Jahren finden wir eine Situation vor, welche sich Jahr für Jahr verschärft hat. In bestimmten Gegenden hat sich das Geschehen wieder etwas abgemildert, da viele Bestände Abwehrmechanismen gegen die entscheidenden krankmachenden Organismen ausgebildet haben. Leider hält diese Entwicklung nur bis zur nächsten Änderung der Erregerzusammensetzung, dies kommt periodisch vor. Eine Immunabwehr wird aufgebaut, andere Erreger überlisten diese, bis dann wieder eine Immunantwort erstellt ist um dann, unter ungünstigen Bedingungen, wieder Probleme mit der Startsituation zu bekommen. Die Tiere der ersten Generation gibt es nicht mehr, ebenso deren Immunitätsleistung. So beißt sich die “Katze in den Schwanz” und der Kreislauf beginnt erneut.
In den letzten Jahren nahm die Zahl der Erkrankungen bei jungen Tauben (bis ein Jahr alt) dramatisch zu. Weit verbreitet hat sich der Begriff der „Jungtaubenkrankheit“ etabliert. Das hier geschriebene hat nicht den Anspruch wissenschaftlich und vollständig zu sein. Mein Anliegen ist es, wie auch in den Beiträgen zuvor, praktisch umsetzbares Wissen an die Hand zu geben. Natürlich haben auch andere Autoren reichlich Stoff zum Nachdenken gegeben, siehe auch das Gästebuch des VDT, obwohl die dort befindlichen Beiträge besser im Forum untergebracht werden sollten.
Was sind Jungtaubenkrankheiten und warum treten sie vor allem in den Altersklassen bis 9 Monaten verstärkt auf?
Über das Ei geben die Eltern den Jungtäubchen einiges an passiven Abwehrstoffen mit. Das bedeutet einen Schutz für das Küken nach dem Schlupf für wenige Krankheiten für den Zeitraum von zwei bis vier Wochen. Diese passive Immunität wird regelrecht verbraucht ohne eine neue Abwehrleistung zu hinterlassen. Die Tiere fallen dann in eine immunologische Lücke. Unsere Täubchen bekommen schon im Nest Kontakt mit verschiedenen Erregern. Hier wird dann angefangen das Immunsystem zu trainieren. Auch über die Kropfmilch wird noch ein gewisser Schutz mitgegeben, teils aber auch Krankheitserreger, an welchen die Tiere gleich oder später erkranken können. Die einen dienen zum Training des Immunsystems, die anderen richten häufig Schaden an. Tauben-Herpesviris-1 Infektionen werden in dieser Phase übertragen, zeigen aber oft erst in der Mauser ihre Anzeichen. Der Erreger schlummert in vielen Tauben, nach Kontakt mit anderen Erregern und zusätzlichen Stressoren, kommen sie dann wie die “Bläschen an den Lippen” betroffener Menschen, zum Vorschein. Das Immunsystem wird noch mehr geschwächt, die Nieren müssen auf Hochtouren arbeiten und wir haben den “Salat”!
Weitere Beispiele für solche schädlichen Erreger mit umgehend eintretender Erkrankung können Geißeltierchen sein, welche Gelben Knopf (Trichomoniasis) oder Spironucleosis (Reißwassersucht = ein Schwerpunktkeim beim Jungtaubenkrankheitskomplex).
Erreger welche oft mit Verzögerung kommen, meist erst nach dem Absetzen, sind beispielsweise die bereits genannten Tauben-Herpes-Viren, Circoviren, Rotaviren, Adenoviren etc. oder auch krankmachende Colikeime.
Nur einige Bakterien der Escherichia coli Gruppe machen krank. Leider wird den Coli Bakterien oft eine zu hohe Bedeutung beigemessen und antibiotisch darauf behandelt. Das hat gern zur Folge, andere wirklich krankmachende Bakterien und Einzeller nutzen diese freiwerdende ökologische Nische und können erst recht Probleme auslösen. Diese kommen dann etwas zeitversetzt, ein Erfolg scheint sofort sichtbar, Wochen später bekommen wir dann Probleme. Dummerweise wird das dann nicht mehr mit der ja scheinbaren Behandlung im Vorfeld in Verbindung gebracht. Giardien und Cryptosporidien nutzen diese häufigen Arzneimittelgaben zum Einbrechen in die Bestände zusätzlich. Leider sind mittlerweile mehr Bestände von Giardien befallen als es freie Bestände gibt.
In unserer Praxis haben wir von 10 Test mehr als 8 positiv Befundungen bei Rassetaubenbeständen, um 50% bei Brieftauben. Oft auf beide Erreger. Dies ist umso problematischer, da man die Erreger nur sehr schwer wieder aus die Bestände herausbekommt und auch noch eine Gefahr für andere Tiere und auch dem Menschen darstellen. Giardien sind Einzeller, ähnlich den Trichomonaden, bilden aber äußerst widerstandsfähige Außenweltstadien, die viele Monate die Umgebung überleben können und gegen Desinfektionsmittel weitgehend resistent sind. Hitze ist ihnen aber sehr unangenehm, Abflammen hilft! Achtung, Stroh- und Heugefüllte Scheunen sind für Feuer nicht so gut geeignet! Beide genannten Delinquenten nutzen eine schwache Abwehr um Probleme auslösen zu können. In sauberen, unterbesetzten, gut belüfteten Anlagen treten diese Probleme zwar auch auf, aber deutlich seltener. Auch sind bestimmte Rasse und Farbenschläge anfälliger – eine genetische Disposition für die Abwehrstärke spielt eine Rolle. Auch werden immunkompetente Alttiere zwar auch betroffen, erkranken aber kaum = Altersresistenz. Leider können die Alttiere aber die Erregerlast eine Zeitlang halten und an die Jungtauben weitergeben. So passieren die Fälle manches Mal ein dreiviertel Jahr zeitversetzt bei der nächsten Jungtiergeneration.
Eine Impfung ist auch gegen Giardien entwickelbar, wie auch gegen andere Geißeltierchen, leider passiert auf diesem Wege aber derzeit recht wenig. Es ist bekannt, dass es weniger krankmachende Stämme bei den Giardien, Trichomonaden als auch bei den Taubenherpes Viren gibt, einer der Ausgangspunkte zur Entwicklung geeigneter Impfstoffe. Das wissen wir auch von weiteren Erregern.
Auch Behandlungsroutinen könnten verbessert werden. Dies sollten Doktorarbeiten in den Universitäten der Veterinärmedizin, vielleicht auch unter Zuhilfenahme des wissenschaftlichen Geflügelhofes erforschen. Themen und Lösungsansätze gäbe es reichlich, auch in Zusammenwirkung mit unseren Brieftaubenfreunden. Die Impfstoffwerke haben da eher wenig Interesse, die Vorarbeit müsste extern geleistet werden. Eine europaweite Zusammenarbeit aller Verbände kann helfen.
Die Erregerzusammensetzung im viralen Sektor ist, solange dies nicht zur Impfmittelherstellung führt, relativ unerheblich, da man da direkt ohnehin nicht behandeln kann.
Antibiotika wirken gegen Bakterien bzw. gegen Flagellaten (Trichomoniasis = gelber Knopf, Spironucleosis = Reißwassersuch, Giardien). Gegen Viren können wir derzeit nur über die allgemeine Abwehr vorgehen. Auch bieten viele Firmen reichlich Mittelchen an, welche mehr oder weniger wirksam sind. Auch kennt so manch ein Züchter „Geheimrezepte“, welche eine Zeitlang greifen können, je nach Konfrontation mit den entsprechenden Erregern aber auch den Massenverlust von Jungtieren nicht verhindern können.
Symptome:
Beginnend mit herumsitzen, aufgeplustertes Gefieder, giftgrüner Kot, hoher Flüssigkeitsanteil um die Ausscheidungen herum (Nierenausscheidungen), Erbrechen folgend von Futterverweigerung. Daher ist die Verwendung leicht verdaulicher FUMI´s (Futtermittel) von entscheidender Bedeutung.
Mitunter sind die Kröpfe gefüllt, der Inhalt wird aber nur sehr langsam weiterbefördert.
Zumeist treten die Erscheinungen 5-7 Tagen nach Erregereinschleppung auf, je nach Erregerbeteiligung sogar schon 2-3 Tagen nach Ansteckung. Sofortiges Handeln ist angesagt. Wenn nichts mehr gefressen wird, ist die Behandlung sehr erschwert.
Eine perakute Form tritt in den letzten Jahren zunehmend auf. Das bedeutet, es treten kaum Erscheinungen im Vorfeld auf, die Tieren sterben plötzlich einfach weg. Morgens leicht unpässlich, am Nachmittag schon gestorben. Bei der Sektion (Öffnung des Tierkörpers) zeigen sich mitunter keine oder nur geringe Veränderungen der inneren Organe. Warum die Tiere sterben mussten, erklärt sich so offensichtlich nicht unbedingt.
Prophylaxe (Vorbeuge) und Tipps:
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Hochwertige Versorgung mit Futtermitteln – Zusammensetzung leicht verdaulich, keine überhöhte Anteilmengen von Leguminosen (Hülsenfrüchte) , da die Aminosäurezusammensetzung für Tauben ungünstig ist. Ein Ausgleich der fehlenden Aminosäuren, artgerechte Versorgung (nicht Überversorgung) mit Mineralien, Vitaminen und weiterer Vitalstoffen incl. sekundärer Pflanzeninhaltsstoffen, immunsystemsteigernde Inhaltsstoffe (eigenes umfängliches Thema mit vielen schwarzen Schafen am Markt). Achtung auf zu hohe Kochsalzgehalte einiger Zusatzstoffmischungen (auch und vor allen Taubengrit-, steine).
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In Franken haben wir eine von mir qualitätsüberwachte Mischung (rechtlich nicht geschützt), da ist die Anpassung an den am Markt befindlichen FUMI Qualitäten auch Zusammensetzungsbeeinflussend. Pilzanzüchtungen, Keimproben sowie makroskopische wie mikroskopische Untersuchungen sind anbei. Ich füttere das meinen Tieren, daher auch die Überwachung, mir fließt kein Pfennig zu, die Kosten trage aber ich selber.
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Anderswo sollte man die angebotenen FUMI´s gut anschauen, auch das derzeitige VDT Futter ist empfehlenswert, nur die Lagerungsdauer und -bedingungen entscheiden über die ausgelieferte Qualität – Motto immer bei einem Zwischenhändler kaufen, welcher häufig beliefert wird und selber lieber öfter kleinere Mengen holen (alle 2 Monate)!
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Schutzimpfungen zeitig vor der Verpaarung zum Beispiel mit schlagspezifischen Impfstoffen, Impfstoffen gegen Salmonellen.
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Aktivierung der Immunabwehr mit artfremden Impfstoffen wie Circovirusvakzine, je nach örtlicher Erregerlage – derzeit existiert immer noch keine taubenspezifischen Vakzine, daher Ausweichen auf Schweine assoziierter Vakzine.
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Impfung der Jungtauben nach dem Absetzen im Stadium der Futterfestigkeit gegen Paramyxovirus und/oder Salmonellen nicht gleichzeitig, sondern zeitversetzt. Das Immunsystem ist nicht in der Lage, so eine breite Immunitätsbildung in so kurzer Zeit aufzubauen, geschweige das die möglichen Impfstellen korrekt getroffen werden.
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Bei Rosten als Bodenbelag Jungtauben über eine kurze Zeitspanne eine Strohecke anbieten, diese darf aber auch nicht zu sehr verkoten! Damit erreichen wir einen Abwehrstimmulus.
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Jungtierbesprechungen und sehr frühe Schauen sind die besten “Krankheitsverbreiter”, die Saison ist beendet bevor sie beginnen kann, leider stellen die Betreffenden ihre angeschlagenen Tiere leider dann auch noch aus. Ich nehme seit Jahren keine Jungtiere mehr zu Jungtierbesprechungen mit, auch ist die Kleidung immer eine andere, mit welcher ich meine Anlagen betrete.
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Eine frühe Schau reicht, niemals zwei kurz aufeinanderfolgende Ausstellungen Ende Oktober bis Mitte November melden! Niemals dieselben Tiere auf diesen Schauen zeigen – sollte für jeden logisch sein, dem wird nichts desto trotz häufig zuwidergehandelt.
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Meine Tauben hatten diesen Einbruch bislang glücklicherweise noch nie, ich stelle ein bis zwei frühe Schauen, mit meinem eigenen Älteren. Da ich häufig viele Rassen gleichzeitig ausstelle, somit hohe Tierzahlen, mache ich selber den Kardinalfehler: Die Tiere gleich wieder in den Bestand einzugliedern. Bei 40 bis 100 Tieren beiderlei Geschlechts in verschiedenen Altersstufen ist die Quarantänisierung kaum noch möglich.
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Probleme sehen wir immer wieder bei den gleichen Beständen. Für diese gilt: Keine frühen Schauen, Tiere gut konditionieren und erst Schauen ab der tiefen zweiten Novemberhälfte besuchen. Kommen die Tiere wieder nach Hause, sofort über das Futter ein gepuffertes Huminsäuregemisch, wie zum Beispiel „Dysticum“ verabreichen. Ahnt man Probleme, ruhig ein wenig länger verabreichen, damit hat man schon einen Berg weniger.
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Angemerkt werden muß, bei manchen Virusbeteiligungen dauert das Kümmern und auch Sterben mit oder ohne Medikament die gleiche Zeit, wenn es dumm läuft auch mit den gleichen Verlusten! Manch einer behauptet, nach so und so viel Tagen habe ich dieses oder jenes Mittelchen eingesetzt, dann stoppte die Erkrankung – bei Lichte betrachtet, hätten wir auch ohne Medikament den selben Fortgang gehabt!
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Es gibt kein allgemein gültiges Rezept, jeder hat seine Vorstellungen: Antiflagellatenmittel, Antibiotika, Quark, Kefir, Echinacea Produkte, Bakterienkulturen, gute Keime versprühen und verfüttern, Oregano, Bartflechte usw..
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Man kann von Vielen lernen, nur sollte man stutzig werden, wenn Allheilmittel gegen ein eher geringes Endgeld einem überaus dringlich angetragen werden!
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Ein viel zu beobachtender Fehler vieler Züchter, welche das Problem einmal überstanden haben ist, nach spätestens zwei Jahren ist wieder alles vergessen und die Vorbeugemaßnahmen werden wieder unterlassen, dann dauert es oft nicht lange und das ganze Elend beginnt von vorn. Diesen Zyklus beobachte ich immer wieder.
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Zukauf von Tieren und häufige Züchterbesuche mit betreten der Anlagen in Stallkeidung des Besuchenden in den Problemjahren unbedingt weitgehend vermeiden. Stabilität im Bestand benötigt immer zwei bis drei Jahre!
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Bei massiven Problemen ist ein „Aussetzen von Schaubeschickungen“ für ein bis zwei Jahren sehr heilsam!
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Zuchtplanungen sollten auf weniger Bruten beschränkt werden = Tiere schonen = später anpaaren – früher trennen!
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Tierzahlbegrenzung, mehr Platz und bessere Versorgung der Tiere (scheitere ich leider selber daran)
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Auch wenn es schwerfällt, zwei bis dreimal im Jahr einen Tierarzt konsultieren, welcher sich mit Rassetauben auskennt – Kotproben, FUMI – Beratung, sinnvolle Zusatzstoffe, Tupfer Beprobungen und weiteres. Herrschaften, welche mit „Bauchladen“ umherfahren und Mittelchen an den Mann bringen wollen, sogleich Kotproben einsammeln, sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Bei Bakterien genügt nicht der Nachweis, sondern ist ein Antibiogramm von Bedeutung! Bitte dann auch über die Erstellung einer möglichst breit aufgestellten Bestandsvakzine sprechen = mehrere Bakterienstämme, die können über die Jahre auch gesammelt und in die Vakzine ergänzt werden. Leider kostenintensiv und mehr für größere Bestände empfehlenswert.
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Ständige Übersäuerung des Trinkwassers vermeiden, die artspezifische Darmbakterienzusammensetzung passt sich einer unnormalen Situation an und bricht unter Streß und Änderung der Bedingungen schneller zusammen. Trinkwasserdesinfizientien = Ansäuerungen können punktuell erfolgen, auch wenn mal das Wasser nicht häufig genug gewechselt werden kann, um Trinkwasserkuren bei Flagellatenbehandlungen erfolgreicher zu gestalten. Sauberes klares Wasser ohne Zusätze sollte die Regel sein!
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Vorbeuge und Behandlung der üblichen Verdächtigen – Trichomonaden, Spironucleoseerreger, Giardien, Salmonellen, Parasiten (Außenparasiten, Darmparasiten), somit können Superinfektionen und deren Folgen abgemildert werden. Dabei wird eine Infektion auf eine bereits bestehende Infektion draufgesetzt.
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Verdauung ist mit kleinen, besser noch mit gequollenen Körnern wie Milokorn, Weizen, Haferflocken, Dari, Hirse, Mungobohnen machbar. Je größer die Korngröße und je härter die Hülle, desto aufwändiger die Verdauungsleistung. Magensteinchen müssen immer mit angeboten werden! In diesem Falle ist auch pelletiertes Futter oder gegrütztes Futter in geringen Mengenanteilen sinnvoll.
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Pflanzliche Produkte, getrocknet und zermahlen, Tees usw. helfen durchaus. Es gibt allerlei wirksame und noch weitaus mehr wirkungslose Produkte. Produktnamen möchte ich nicht nennen, Produktwerbung könnte Ärger bedeuten. Auch sollte auf dieser VDT Seite so etwas unterbleiben.
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Nicht auf Tauben spezialisierte Einrichtungen finden gerne Erreger, welche dann auch mittels Antibiogramm ausgetestet werden, dann aber für das vorliegende Problem keine Bedeutung hatten. Hier muß der behandelnde Tierarzt schon etwas Erfahrung haben um beurteilen zu können, welche Erreger beim vorliegenden Fall von Bedeutung sind, welche zurückgestellt werden können, gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden sollten (zur nächsten Saisonvorbereitung). Auch sollte man erahnen können, was nicht gefunden wurde, im Bereich viraler Beteiligungen sind stets Nachweismängel vorhanden.
Dies ist alles mit recht heißer Nadel gestrickt, ausführlichere Aufsätze folgen!
Fazit
Bitte beachten Sie, weniger ist mehr!!!
Mit gesunden Menschenverstand erreicht man schon einiges an guten Ergebnissen. Viele Produkte füllen nur den Geldbeutel der Verkäufer. Wirkunslose Produkte, die aus Panik und Zuruf durch andere Züchter verabreicht werden, verlängern nur das Elend. Das Sterben, einmal in Gang, wird so oder so stattfinden. Dauer und Ausprägung ist je nach Erregerbeteiligung auf 2-3 Wochen zu erwarten.
Die Jungtaubenkrankheit gibt es so nicht, zumindest nicht in der Form, was die Züchter darunter verstehen. Es ist ein Faktorenproblem, in welches viele Dinge hineinreichen. Deswegen bitte das als Jungtaubenkrankheits – Syndrom oder Jungtaubenkrankheits – Komplex bezeichnen. Ansonsten wird suggeriert, daß eine Behandlung oder ein Mittelchen bei allen Fällen helfen soll, dem ist nicht dergleichen!
Die Entwicklung zeigt in Richtung einer immer vielseitigeren Erregereinschleppung nach Deutschland. Schaustreß auf frühen Ausstellungen und Tierbesprechungen, sowie auch unsinnige Behandlungen und ständiges Versetzen des Trinkwassers mit irgendetwas, sowie der Drang die guten Tiere in kurzen Intervallen mehrfach auszustellen, verstärken die Tendenz. Bemerkenswert ist, daß dieselben Züchter jedes Jahr neu klagen, also müssen diese auch Konsequenzen ziehen, wenn sie nicht die Freude am Hobby einbüßen wollen. Die perakute Form mit massenweisen Todesfällen nimmt deutlich zu, 2017 war der bisherige Pieck. Allerdings sollte das Schlimmste für dieses Jahr durch sein – hoffentlich.
Hochwertige Ernährung, Bekämpfung der üblichen Erreger, Sauberkeit – Staubarmut und Verhinderung der Einschleppung von Erregern durch Abschottung der Tiere von der betreffenden Keimaußenwelt – Züchterbesuche, Zukäufe, Besprechung von mitgebrachten Tieren usw..
Vorsicht bei frühen Schauen / Jungtierbesprechungen, nicht von einer zur anderen Schau dieselben Tiere schleppen. Streßvermeidung, Impfprophylaxe gegen möglichst viele Erreger, kontrollierte Schlagbesetzung und Vermeidung von Staubentwicklungen und dessen wirksame Abführung, sind die Basis zum Verhindern des Jungtaubenkrankheits- Syndroms!
Importe aus anderen Ländern sollten besonders vorsichtig getätigt werden. In die Quarantäne evtl. erst 2-3 eigene Tiere einsetzen und schauen was passiert, bevor die neuen Tauben integriert werden. Vorsicht ist die Mutter der (langfristig) erfolgreichen Zucht. Zu einem späteren Zeitpunkt mehr.
Ich hoffe, ein wenig geholfen zu haben und nicht die Verwirrung auch noch verstärkt zu haben! Allerdings sollte für jeden in den „Prophylaxe Tipps“ etwas herauszulesen sein. Manche werden sagen, ja so viel Neues ist ja nicht dabei, leider muß ich sagen, ein Wundermittel gibt es nicht, es ist an uns Tierärzte und betreffenden Züchter, einen individuellen Zuschnitt für das Problem Jungtaubenkrankheits – Syndrom zu finden.
Mit Züchtergruß, Ihr Maik Löffler, Mitwitz
Liebe Zuchtfreunde,
seit 30 Jahren bin ich regelmäßig mit meinen Tauben auf verschiedenen Ausstellungen. Das erste Mal, dass meine Tiere krank geworden sind, war nach Leipzig bei der 66. VDT Schau. Die Jungtaubenkrankheit hatte auch meine Ausstellungstauben erwischt. Schon am Montag hatten sie grünen, flüssigen Kot. Sie machten aber die ganze Zeit einen vitalen Eindruck, hatten z.B. nie struppiges aufgepustetes Gefieder. Um die JTK zu besiegen habe ich folgende Maßnahmen durchgeführt.
Meine Ausstellungstauben setzte ich noch am Sonntag in der Nacht wieder in ihren Eingewöhnungskäfig bei mir im Keller. Tauben sollte man nach der Ausstellung niemals gleich in den Schlag setzen. Eine Woche Quarantäne im Käfig, nur dort kann man sie genau beobachten.
Um den Ausstellungsstaub mit möglichen Viren wegzubekommen habe ich sie einmal kurz im Eimer und unter den Wasserhahn gebadet, vermutlich aber ohne nennenswerten Erfolg.
Bei Krankheitsausbruch sollte man nur leicht verdauliches Futter geben, also keine Körner mit harten Schalen wie Mais oder Erbsen. Das VDT Vital 2 Classic von Betz hat sich bei mir als sehr hilfreich erwiesen, die wenigen Erbsen habe ich mit der Hand ausgelesen.
An den ersten beiden Tagen nur 10 Gramm früh und abends geben. Mehr geht eh nicht durch den Darm, das Futter wird sonst von den Tauben ausgewürgt.
Die nächsten Tage auf 20 Gramm steigern.
Am Samstag konnte ich eine Besserung der Kotbeschaffenheit erkennen, deutlich fester, aber immer noch mehr grün als braun.
Sehr überrascht und froh war ich am Montag, der Kot war bei allen Tieren wieder braun und fest als wäre wirklich nichts gewesen. Die Tauben hatten dann sehr großen Hunger.
Medikamente und sog. „ Mittelchen „ habe ich keine gegeben. Ich glaube hier werden die größten Fehler gemacht. Man bräuchte zuerst einmal eine genaue Untersuchung, um dann das exakt abgestimmte Medikament in der richtigen Dosierung zu geben. Nun, bis der „Normaltaubenhalter“ die richtigen Medikamente hat sind die Tauben entweder schon wieder gesund oder schon bei ihren Ahnen!
Meine Tauben haben auffallend viel getrunken, klares sauberes Wasser ohne jeglichen Zusätze.
Eine tägliche Reinigung von Käfig und Becher war für mich selbstverständlich.
Der Großteil dieser Maßnahmen sind nicht meine geistigen Errungenschaften, sondern stammen von verschiedenen Taubenfachleuten. Ich bin mir sicher, dass sie auch euch helfen können.
Bei Taubenbeständen die schon jahrelang nur durch Medikamente ( auch vorbeugend ) am Leben gehalten werden darf dies natürlich bezweifelt werden.
Mit freundlichen Züchtergruß
Christian Rau
Ich lasse mir seit mehr als 4 Jahren meine eigene Mischung herstellen.
Diese hat 20% Milokorn, 20% Weizen, 20% Darisaat, 10% Haferkerne,
5% Gerste geschält, 5% Reis, 9% Wicken 5% kleine gelbe Erbsen,
5% Hirse und 1% Hanfsamen.
Diese Mischung ist als Allein- oder Ergänzungsfutter das ganze Jahr bei
mir zur Verfütterung bei Alt- und Jungtieren. Zusätzlich mische ich anteilig
je nach Jahreszeit Wintergerste, Weizen, Reis, Raps, rote Linsen und
gebrochen Mais mit dazu. Vollkornhaferflocken füttere ich täglich mit dazu.
Der Einsatz von Spritzmitteln ” Pflanzenschutz ” Pestizide- Herbizide – Glyphosat beim Getreide und das Auftreten der “Jungtauben Krankheiten” stehen wohl nicht nur im zeitlichem Zusammenhang.
Unbelastetes Futter ist recht schwer zu erhalten und recht teuer.
Dass Kaninchenzüchter ihre Tiere nicht mehr mit Gras füttern können, da diese davon Durchfallerkrankungen bekommen die zum Tod der Tiere führen, sollte allen zu denken geben.
Die Zuchtauswahl unserer Tauben ( Paramyxovirose – Pocken – Salmonellose Paratyphus) ist durch die Impfungen -Pflichtimpfungen- nicht leichter geworden.
Durch den Impfschutz stelle ich Jahr für Jahr auch Tiere in die Zucht ein, die ein schlechtes Immunsystem haben, da diese nicht von den natürlichen, robusten zu unterscheiden sind.
Aber wir Geflügelzüchter machen ja nur zu gern jeden Quatsch mit, den uns Ämter und Behörden vorgeben. ( siehe Vogelgrippe 2016 / 17 )
Und wenn dann nach einer Ausstellung ein Teil der Tiere erkranken, geben wir der Ausstellungsleitung oder dem Zuchtfreund vom Nebenkäfig die Schuld.
Paul Wicknig
Schade, dass erst der Tod dem VDT-Forum neues Leben einhaucht. Hier besteht, auch zu anderen wichtigen Themen der Rassetaubenzucht, die Möglichkeit des Austausches und der Diskussion. Diese Chance dürfen sich aktive Vereine und Züchter nicht nehmen lassen.
Manfred Loick
So sehr ich das begrüße, dass man versucht den Züchtern im Umgang mit der JTK zu helfen, umso mehr ärgere mich über die Aussage mit dem klaren Wasser. Da springt Zuchtfreund Löffler auch auf den Zug von Hubert Borgelt drauf und die Züchter werden noch mehr verunsichert. Warum gucken beide nicht mal über ihren Horizont und befassen sich wissenschaftlich mit dem Thema, gucken mal, was es in der Forschung über Futtersäuren und Trinkwasseransäuerung so gibt, ehe sie ihre Thesen annageln und den Schaden noch vergrößern. Damit ist es dann wirklich eine „Züchterkrankheit“. Man kann doch die Erfahrungen in der Praxis der Tierproduktion und der Geflügelwirtschaft nicht einfach negieren. Auch viele Taubenzüchter, insbesondere Brieftaubenzüchter und die Brieftaubenklinik, haben damit sehr gute Erfolge erzielt. Mit tun die Leute leid, die das dann kritiklos so übernehmen und damit eine Chance vergeben, ihre Tauben gesünder zu halten und vor der JTK zu schützen.
Klaus Höchsmann