Tipp KW17/2017 “F 1”
F 1 – “(Tochtergeneration)
Hallo Taubenfreunde!
Dieser Betrag widmet sich nicht, wie einige von Euch vielleicht denken mögen, der Formel 1 im Automobilsport, sondern der Einkreuzung einer fremden Taubenrasse in den eigenen Bestand.
Die genetischen Voraussetzungen sind in optimaler Weise von Zfr. Axel Sell an verschiedenster Stelle erläutert worden. Hier geht es ausschließlich um den praktischen Teil – eben „was muss ich tun um die Einkreuzung auch zu einem Erfolg werden zu lassen“!
Grundvoraussetzungen
Nur der Züchter wird auf Dauer erfolgreich sein, der seine Rasse in allen Feinheiten genauestens kennt. Dabei sind minimale Abweichungen in der Farbe (Ausnahmen bestätigen die Regel, siehe Gimpeltauben) von untergeordneter Bedeutung. Den “Optimal-Typ“ der Rasse muss man verinnerlichen – sozusagen die “Seele“ der Tauben!
Dazu gehört auch, dass man seine Tauben höchst kritisch betrachtet. Macht es doch einfach so: In der Zuchtplanung und Paarbildung betrachtet Ihr Eure Tauben so wie die Spezies Eurer Mitbewerber auf den Schauen. Danach könnt Ihr Eure Tauben bis zur Selektion im Herbst wieder für die besten und schönsten auf Gottes bunter Welt halten.
Welche Tiere eignen sich für die Einkreuzung?
Für die eigene Rasse gilt: “Nur die beste Taube des Schlages ist gut genug für diesen Zweck!“
Will man dieses “Opfer“ nicht bringen, um auf evtl. top ausstellungsfähige Jungtauben zu verzichten, dann sollte man das Ganze sein lassen! Wirklich erfolgreiche Züchter da ganz offensiv!
In der Begrenzung liegt der Erfolg!
Nun aber bitte nicht gleich “in die Vollen gehen“ und zig Kreuzungspaare bilden.
Denn:
1.) Es fehlen dazu die Partner aus der eigenen Rasse!
2.) Es fehlen Partner aus der Fremdrasse, auch die müssen das Beste darstellen was greifbar ist.
3.) Es fehlt ganz oft am mangelndem Raum in Zuchtschlag!
Ein bis zwei Tiere reichen für die Aktion “Verbesserung unserer Rasse durch eine Fremdrasseneinkreuzung“ völlig. Dabei spielt es keine Rolle ob man einen Täuber oder eine Täubin nimmt! Einzig und allein die Qualität entscheidet!!! Ausnahme bilden natürlich Projekte zur Einführung einer neuen Farbe. Das ist aber heute nicht unser Thema.
Keine “neuen“ Fehler einschleichen lassen!
Dazu gehören in aller erster Linie: Halsfalten (höchste Vorsicht ist deshalb bei der Inanspruchnahme von Long Faced Tümmlern angebracht, Kingtauben und Engl. Modena sind auch nicht viel besser!). Des weiteren offene Schnäbel („Kurzen-Züchter aufgepasst“) und natürlich alle vorkommenden Sklettdeformationen . Auch das Wesen der Tauben muss stimmen, sonst wird die Verbesserung der Rassemerkmale durch das Verhalten der Nachzucht zum Desaster! Beispiele gibt`s schon genug! Dass die Einkreuzungstauben nur so vor Gesundheit sprühen müssen, versteht sich am Rande!
Die entscheidende Generation = F 1
Wie Ihr alle wißt, nennt man die erste Kreuzungsgeneration “F1“. Bei dieser ist – ein seltener Fall in der Taubenzucht – “viel“ wirklich mehr! Das heißt, je mehr Jungtauben wir aus einem Paar ziehen, je besser können wir auswählen. Mindestens 6 – besser noch 8-10 Junge sollten es sein. Denn die Streuung des Aussehens der Jungtauben ist enorm. Nun zeigt sich der kenntnisreiche Taubenzüchter! Er wählt aus der Gruppe der Nachzucht eines Paares das Jungtier aus (ggf. auch deren zwei), dass der Ausgangsrasse am nächsten steht und das/die Merkmal(e) am deutlichsten zeigt welche(s) verbessert werden sollen.
Merksatz: Mit der Selektion der F1 setzt die Feinsteuerung ein, die über Erfolg oder Misserfolg des gesamten Projekts entscheidet!
Der weitere Fortgang
In den nächsten Generationen (F2, F3, F4, dann ist meist das Ziel erreicht!) wird nun durch oben beschriebene Selektion die Nachzucht der jeweiligen Kreuzungstiere an die Ausgangsrasse (immer die Spitzentiere des eigenen Bestands!) weiter selektiert bis das Ziel erreicht ist. Dabei muss stets der Grundsatz lauten: Vitalität vor Rassemerkmalen. Mit “Kümmerchen“ ist noch keine Zucht erfolgreich geworden….
Weitere Varianten sind möglich…
…würden aber den Rahmen dieses Tipp`s sprengen. Bei Interesse – das heißt bei entsprechenden Rückmeldungen von Leserseite – kann in einem weiteren Aufsatz darauf eingegangen werden.
Dabei denke ich z. B. an die Verpaarung von zwei Fremdrassen miteinander – und die daraus entstehenden Produkte werden dann an die eigene Rasse gepaart. Das “Haus Zausinger“ sicher zumindest allen Kropftauben-Freaks bekannt, führte und führt diese Zuchtmethode mit großem Erfolg durch.
Für die beigefügten Fotos danken wir Thomas Krogmeier ganz herzlich!
Wie immer wünscht der Taubenfreund allen eine gute Woche.
Werter Taubenfreund, werte Zuchtfreunde,
die Meinung von Josef Huber teile ich zu 100% und möchte noch folgende Ergänzungen anbringen. Auch bei praktisch orientierten Artikeln mit genetischem Hintergrund sollten zumindest die grundsätzlichen Erbgänge (dominant, rezessiv und jeweils noch die geschlechtsgebundene Variante) dargelegt werden, da jede einen anderen praktischen Ansatz erfordert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der unbedarfte Leser und Züchter fehlgeleitet und somit dessen Innovation im Keim erstickt wird.
Denn bevor der Züchter überhaupt das Projekt Kreuzung von Farbenschlägen und/oder verschiedener Rassen angeht, sollte dieser zumindest den Erbgang des Merkmals kennen. Zumeist sind es doch rezessive Faktoren, welche den Weg in die eigene Rasse finden sollen. Hier bedarf es fast immer der Aufspaltung bei der F1-Generation, da der Züchter bei Rückpaarungen Gefahr läuft, das Merkmal wieder auszumendeln!
Ebenfalls verweisen möchte ich auf die entsprechende Fachliteratur von Prof. A. Sell, speziell die Ausgabe “Züchten mit System” sollte hier als wertvoller Ratgeber dienen. Der erfolgreiche Taubenzüchter agiert mit Weitblick, weil er – in Tauben-Generationen pro Jahr denkend – dann doch einen längeren Atem braucht, um ans Ziel zu kommen. Gerade die jüngere Geschichte der Taubenzucht profitierte von den Aufzeichnungen und hieraus abgeleiteten Gesetzmäßigkeiten der vorgehenden Züchter-Generationen; es ist nur legitim, diesen Vorteil zu nutzen.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Schöne Grüße aus Niederbayern und weiterhin gute Zucht
Martin Gangkofner, Vilsbiburg
Meine Frage ist, ist es korrekt von Fremdrasse zusprechen?
Müsste es nicht richtiger weise aus einer anderer Rassegruppe heißen.
Sind nicht alle Rassetauben eine Rasse und diese dann in Rassegruppen aufgeteilt?
Werter Taubenfreund, liebe Zuchtfreunde,
Satz mit “X”… war wohl nix. Der Bericht über die F1, sprich die Einkreuzung von Fremdrassen ist doch sehr “mutig”. Er gibt vielleicht das wieder, was Generationen von Züchtern für der Weisheit letzter Schluss hielten. ABER eine Sache muss nicht richtig sein, nur weil Viele dran glauben oder festhalten.
Wer mich kennt, weißt, das ich selber wenig Scheu habe – auch mit Fremdrassen – zu kreuzen. ABER der Bericht in der Form führt leider viele Züchter auf den falschen Weg.
Zuerst ist es für die allermeisten Züchter der bessere, schnellere und erfolgreichere Weg, wenn sie keine Fremdrassen sondern einfach Tiere aus den führenden Farbenschlägen/Zuchten der eigenen Rasse nehmen und diese geschickt einbauen.
Dann ist es natürlich so, dass man ein “gutes” Tier der Fremdrasse nehmen sollte, ABER spitzenmäßig muss es eigentlich nur in dem/den zu verbessernden Merkmal/en sein. Ansonsten kann es durchaus sinnvoll sein, ein Tier zu nehmen, dass eben gerade nicht spitzenmäßig in den Rassemerkmalen ist! Als Bsp. sei das Einkreuzen der Französischen Kröpfer in andere Kropftaubenrassen genannt. Ein Franzose ohne ausgeprägte Dreibogenlinie und Nackenbogen wird in fast allen anderen Rassen – Elster u. was weiß ich wo die überall Verwendung finden – die bessere Wahl sein.
Es ist auch bei weitem nicht so, dass es egal ist, ob man einen 1,0 oder eine 0,1 nimmt: Stichwort Geschlechtsdiphormismus (siehe dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Sexualdimorphismus). Es macht meines Erachtens wenig Sinn einen Täuber einzukreuezen, wenn ich die Täubinnen verbessern möchte. Gutes Beispiel: Schlesische Kröpfer in Blauschimmel. Da wundere ich mich immer wieder bei den Züchterbesuchen, welch “mickrige” Mütter und Schwestern unsere teilweise wirklich sehr schönen 1,0 haben. Und genau solche “tollen” 1,0 werden auch immer nur wieder „mickrige“ 0,1 bringen – auch beim Einkreuzen!
ABER was ich inhaltlich am bedenklichsten finde, dass in dem Beitrag völlig außer Acht gelassen wird, dass in den meisten Fällen bei einer Einkreuzung nicht die Rückpaarung an die eigene Rasse sondern das “Aufspalten lassen” der 1. Generation (F1) – Und dann auch das konsequente in dieser Linie bleiben! – der richtige Weg sein wird. Bei einem rezessiv vererbten Merkmal wird es schlichtweg nicht funktionieren, wenn dieses Merkmal nicht verdeckt im eigenen Bestand vorhanden ist. Das Merkmal wird mit dem vorgeschlagenen Weg zielgerichtet wieder ausgemendelt. Und am Ende hat man sich vielleicht stattdessen noch ein unerwünschtes Merkmal zusätzlich in den Bestand geholt…
So long, meckern allein gilt nicht;-) Zuchtfreund Sell hat mit seinen Büchern für den deutschsprachigen Raum die aktuellen Erkenntnisse zusammengefasst. Unter http://www.taubensell.de/ finden sich die aktuellen Werke. (Und nein, ich bekomme keine Provision;-)) Darüber hinaus stehe ich gerne auch im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten für die eine oder andere Frage zur Verfügung.
Mit besten Grüßen aus NdB
In diesem Sinne, viel Energie für unsere Sache und gut Zucht!
Sepp
(Huber Josef, Neuhaus am Inn)
Wow, da fliegt aber einiges durcheinander – um im Bild zu bleiben.
Den Hinweis auf die beste verfügbare Deutschsprachige Literatur zum Thema von Axel Sell schreibe ich uneingeschränkt quer.
Alles weitere ist, vorsichtig formuliert, doch arg hypothetisch.
Mein Tip: die Bücher von A. Sell noch einmal lesen, vielleicht auch öfter. Genetische Gesetzmäßigkeiten verstehen und in der praktischen Zucht verwenden. Fertig!
Hier findet man faktenbasierte Anleitungen zur praktischen Zuchtarbeit. Wunderbar aufbereitet und nicht hoch genug einzuschätzen.
Geschichten von hübschen Buben und garstigen Schwestern, Müttern oder Tanten gehören in eine schon lange vergessen geglaubte Zeit (vor der Sell’schen Aufklärung).
Danke an den Taubenfreund, für eine zutreffende, kompakte und praktisch relevante Information. Auftrag erfüllt, würde ich meinen.
Grüße aus dem Revier, auch ins schöne Niederbayern (studieren geht über kritisieren, wäre mein Hinweis)
Christoph Mooren
Die prägenden Merkmale einer Rasse sind im Standard verankert. So ist für Elsterkröpfer ein birnenförmiger Kropf rassetypisch, die Flügellage wird anliegend verlangt. Im Beitrag “Elsterkröpfer heute” (GZ 7/17) ist auf 9 Fotos kein einziger Birnenkropf zu erkennen, auch die Schwingen werden weitgehend abstehend getragen. Beim “Elsterkröpfer morgen” steht noch viel Arbeit an, wenn der Standard ernst genommen wird. Kreuzungen bedingen Übersicht, Umsicht – und Aufsicht.
“F1” ist wirklich mehr als “Formel 1”, es ist auch viel mehr als nur ein “Tipp der Woche”, es ist “die Formel” für den erfahrenen Kenner, der noch dazulernen möchte und seine Rasse nicht verändern, sondern verbessern möchte. Mit “F1” hat unser “Taubenfreunde” uns eine große Freude bereitet, ich bin auf weitere Kommentare gespannt.
Zu den Heute im Tip der Woche verfassten Bericht ist meiner Meinung nach nichts mehr hinzuzufügen . Hier wird vom Autor kurz und knapp das wichtigste dieser Thematik auf den Punkt gebracht .