Tipp KW 15/2017 – „Randale im Schlag“
Wer kennt dieses Horrorszenario nicht! Die Zuchtsaison hat gerade begonnen. Vor einigen Tagen wurde angepaart. Die Züchterhoffnungen sind hoch. Da dringt aus einer Zelle wildes Kampfgeräusch an das Ohr. Wieder einmal ist ein vitaler Täuber in eine fremde Nistzelle eingedrungen
Die Folgen: Gelege zerstört. Die Hausherrin sitzt verängstigt in einer Schlagecke. Der Hausherr versucht noch mit letzter Kraft den Eindringling zu vertreiben. Blut fließt!
Und wieder ist ein wertvolles Gelege verloren! Jetzt aber nicht betrübt den Schauplatz der Schlacht, sprich den Schlag, verlassen, sondern handeln.
Erste Hilfe
Mit schnellen Griff ist der „Radaubruder“ gepackt. Seinem gepeinigten Opfer lassen wir einige Minuten Zeit der Erholung und setzen ihm sein Weibchen zur Stärkung des Selbstbewusstseins in die Zelle. Wenn er diese dann gurrend und drehend umgarnt, ist genau der rechte Zeitpunkt für die „Rache“!
Den Eindringling , wehrlos in unserer Hand, halten wir in die von ihm begehrte Nistzelle. Das heimische Paar wird ihn umgehend mit Flügelschlägen und Schnabelhieben traktieren. Das lassen wir 2 – 3 Minuten geschehen. Dann setzen wir unseren Möchtegern-Eroberer zu seiner Täubin in SEINE Zelle und sperren diese zu.
Die Zelle, die okkupiert werden sollte, lassen wir selbstverständlich offen. Ersetzen die, in aller Regel, zerzauste Nistschale durch eine neue. Die – selbstredend – mit einer sachgerechten, d. h. festgeklebten und jegliches Rutschen verhindernde Einlage versehen ist. Dazu legen wir noch ein wenig Nistmaterial hinein. Jetzt noch etwas vom Lieblingsfutter der Tauben in einen Zellennapf und schon bald ist der Schrecken vergessen. Das Familienleben unseres drangsalierten Zuchtpaares geht erstaunlich schnell wieder seinen gewohnten Gang.
Weitere Schritte
Nur am nächsten Tag werden unsere „Opfer“ nochmals an das Schreckliche erinnert!
Wir greifen uns den „Möchte-Gern-Rocker“ und halten ihn nochmals wehrlos ein paar Minuten in die Nistzelle, die er als „Zweitwohnsitz“ erobern wollte. Das heimische Paar wird ihn wieder verdreschen – und ihr Behauptungswille wird nochmals um Bedeutendes wachsen.
In den meisten Fällen wird diese Kur den „Eroberer“ zur Räson bringen. Dennoch öffnen wir die Nistboxen der beiden betr. Paare in den nächsten 2 – 3 Tagen immer nur wechselweise.
Sind die Nistzellen so gebaut, das sich die Zuchtpaare gegenseitig sehen können, wenn sie auf dem Einflug ihres Heims sitzen, so ist es angebracht, die Trennwand zwischen unseren beiden Feindparteien mittels einer festen Pappe (mit Heftzwecken in der Trennwand befestigt reicht!) nach vorn so weit zu verlängern das dies nicht mehr möglich ist. Damit müsste der Fall dann auch erledigt sein.
Etwas „Tauben-Psychologie“
Für uns Züchter heißt es aber nun in stiller Stunde über die Ursachen dieses unerwünschten Verhaltens nachzudenken. Und zwar grundlegend!
Klar, es gibt immer wieder besonders „gestrickte“ Tauben, die immer wieder im Schlag für Ärger sorgen. Doch die allermeisten Vorfälle dieser Art hat der Züchter selbst zu verantworten.
Wie das?
Wir wissen, keine Taube gleich der Anderen. Das betrifft nicht nur das Aussehen, sondern auch ihrem Charakter! Das reicht von Geschöpfen, die nur eine Richtung kennen: „vorwärts“ bis hin zu denen, die bei jeder Gelegenheit den Kopf einziehen, getreu dem Motto „nix wie weg – es könnte unangenehm werden.“
Was bedeutet das für uns in der Taubenzüchterischen-Praxis?
Der erste Kardinalfehler, der von vielen Züchtern gemacht wird ist der, dass sich die Täuber ihre Nistzelle selbstständig, nach ihrem Willen, „aussuchen“ dürfen. Dabei entstehen sehr oft Reviere und Hierarchien die der Züchter gar nicht erkennt und so auch nicht entsprechend reagieren kann Vielfach kommt noch erschwerend hinzu, dass die Täuber im Zuchtabteil überwintern und sich dort ihre Reviere sichern.
Doch beim Anpaaren und auswählen der Zellen muss der Züchter Chef im Ring bleiben! Genauso wie er entscheidet, welche 0,1 mit welchem 1,0 ein Paar bildet, so weißt er auch die Nistzellen zu! Dabei gibt es keinerlei Kompromisse. Hierbei wird aber vorausgesetzt, das der Züchter seine Tauben, besonders die Vögel genau kennt. Er muss wissen, wer eher schüchtern und wer mehr der Draufgänger ist. Die stärkeren Temperamente werden in die oberen Nistzellen einquartiert, die Schwächeren in die unteren.
Immer muss beachtet werden, das Tauben, die schon im Vorjahr oder länger im betr. Schlag brüteten, ihre alte Nistzelle behalten. Ist das nicht möglich, weil ein Paar der Vergangenheit getrennt und an neue Partner gesetzt wird und im selben Schlagabteil verbleiben muss (weil ggf. nur 1 Abteil vorhanden ist) immer der angestammte Vogel seine Nistzelle behalten. Täubinnen lassen sich leicht umgewöhnen und sind – spätestens -nach der ersten Eiablage absolut Zellenfest.
Ganz wichtig ist auch die Beschaffenheit der Einrichtung des jeweiligen Zuchtabteils! Hier nur die wichtigsten Eckpunkte:
Gegenüber den Nistzellen dürfen niemals Sitzplätze angebracht sein!
Futter-, Trink-, Grit-/Taubensteingefäße sollten immer möglichst weit von den Nistboxen entfernt aufgestellt werden– denn auch der Boden vor den Nestern ist in „Hoheitsbereiche“ der Tauben eingeteilt. Die Nistzellen sollten niemals nur kleine Einschlupflöcher haben. Die Hälfte der Zelle sollte offen sein, damit der Fluchtweg für einen potentiellen Unterlegenen eines Kampfes einfaches Fliehen möglich ist. Die andere Zellenhälfte, dort wo die Nistschale steht, ist tunlichst bis zur ca. halben Höhe abzuschirmen. Hierüber wird es in Kürze einen gesonderten „Taubenfreund-Tipp“ geben.
Um Ruhe und Frieden im Schlag und keine gestressten Tauben zu haben, ist es von grundlegender Bedeutung, dass folgende Faustregel wenigstens in etwa eingehalten wird:
1 m³ Schlagraum (Voliere nicht eingerechnet) je Zuchttaube!
Für den Jungtaubenschlag gilt 0, 50 (minimal!!!) – 0,75 m³ je Taube!
Dabei spielt die Größe der Rasse überhaupt keine Rolle – auch wenn immer wieder Gegenteiliges behauptet wird.
Gegebenen Falls muss die Anzahl der Zuchtpaare auf das rechte Maß gebracht werden.
Wer einen neun Taubenschlag bauen will, sollte ich immer an diese Vorgaben halten. Tut er es nicht, wird er im Laufe der Jahre einsehen müssen, das er töricht gehandelt hat.
Wer nicht gewillt oder/und in der Lage ist eine große Anzahl von Zuchtpaaren zu halten, dem sei gesagt, dass es durchaus Taubenrassen gibt, bei denen 3 Zuchtpaare ausreichen, um in der Bundesdeutschen Spitze mitzumischen.
Das war das Wichtigste was dem Schreiber dieser Zeilen zu diesem Thema eingefallen ist. Wer weitere Ratschläge parat hat, möge sich bitte melden!
Wie immer wünscht Euch der Taubenfreund eine gute Woche.
Der heutige Tipp der Woche sehr interessant. Besonders im Hinblick auf das Gedankenspiel, ein Paar Zuchttauben geht noch!
Nach meiner Ansicht, gibt es keine Alphatiere, diese werden erst durch das Schlagmanagment des Züchters dazu erzogen.
Sorfort habe ich meine Gedankenspiele, dort könnte man noch eine Zuchtbox hinstellen, eingestellt. Klar die Grenze und Möglichkeiten des eigenen Taubenschlages zum Wohle der Tauben akzeptieren, weniger ist oft mehr.
Hoffe es kommen noch weitere wertvolle Tipps!