Zum Ableben von Erhard G. Knaak
Die aktuelle Nachricht über den Tod des am 9.12.2021 verstorbenen Thüringers Erhard Knaak in der GEFLÜGELZEITUNG, hat uns, die ihn kannten und mit ihm befreundet waren, sehr betroffen gemacht. Wenn er in den letzten Jahren auch eher in der Zurückgezogenheit lebte, sich von der pulsierenden Taubenszene sogar abgewandt hatte, gehörte er doch zu den profilierten Ausnahmeerscheinungen in unserer Organisation. Die ihn beschreibende, auf ihn zugeschnittene Laudatio ließ ihn in unserer Erinnerung leibhaftig aufleben, tauchten in unserem Gedächtnis posthum viele Stimmungsbilder auf. Meistens erheiternde, gefüllt mit Intellekt – denn: Er war ein kluger Kopf, versiert in den naturwissenschaftlichen Disziplinen – besonders in der Mathematik – ein Meister des Recherchierens und des Schreibens. In der Bibliothek der Leopoldina zu Halle an der Saale fühlte er sich wohl, stöberte er in den 260.000 Bänden, dort nachzuforschen, was ihn thematisch tiefsinnig beschäftigte. Zusammenkünfte mit ihm waren reine Fortbildungsveranstaltungen. Und wenn man ihn beobachtete, schien er mit vier Armen und ebensolvielen Händen zu reden, vermittelte er mit zunehmend emotionaler Begeisterung gestikulierend das Gesagte.
Was ihn bewog, sich schon vor etlichen Jahren rar zu machen, hat er niemandem anvertraut. Umso mehr erregte er beim 25. Internationalen Taubenzüchtertreffen 2015 in Nürnberg großes Aufsehen. Mit einer Sonderausstellung – ich verlieh ihr den Titel – „Taubenmotive als Botschafter der Musik – Sammelleidenschaft mit Hörgenuss“ überraschte er, vom Hausherrn Karlheinz Sollfrank unterstützt, das Publikum. Leider war sie nur diesem begrenzten Kreis von Besuchern vorbehalten, sich an dieser Dokumentation zu erfreuen. In Erinnerung an das mitunter schöngeistig gestaltete Wirken von Erhard Knaak, möchte ich meine bislang unveröffentlichten Aufzeichnungen über dieses Ereignis an dieser Stelle gerne publik machen. Er selbst hatte sich in der COLUMBA über diese in die Ausstellung mündende Liebhaberei mit: „Von einer liebenswerten „Tauben-Plage“ im Wohnzimmer“ geäußert.
„Taubenmotive als Botschafter der Musik – Sammelleidenschaft mit Hörgenuss“
Die von ihm seit 2010 betriebene Sammelleidenschaft bestätigt einmal mehr, wie nach vermeintlicher Aufgabe einer einst mit Herzblut erfüllten Passion – wie bei ihm die Rassetaubenzucht mit allen ihren Begleitmerkmalen – nie verkümmert; doch irreversibel, also unauslöschlich, eben fest verankert bleibt.
Hierzu sei eingefügt, dass der studierte Gewerbeschullehrer ein Fachgebiet lehrte, dem ein mit Präzision behafteter Beruf voraus ging. Daran gemessen, bei ihm gewissermaßen stilbringende Rhythmen der reinen klassischen Musik besonderes Wohlgefallen auslösten. Bei seiner Suche nach „Beethovens Gesamtausgabe“, durchlief sein Fingerwerk in einem Second-Hand-Schallplattengeschäft eine Platte, auf deren Cover er mit einiger Phantasie ein „Deutsches Schildmövchen“ erkannte, eine weitere Plattenhülle den Typ einer russischen Taube verkörperte.
Daraufhin war der Bann bald gebrochen: Auf Empfehlung seines Landsmannes, dem uns bekannten Künstler und Taubendesigner Dieter Fliedner, besuchte er 2011 in Gera im Museum für angewandte Kunst eine Cover-Ausstellung. Dabei inspirierte ihn, fesselte ihn das Thema Tauben. Schließlich in Verbindung mit Musik gebracht derart eindringlich, dass er sich ihm enthusiastisch zuneigte wie ehedem, als er als Schuljunge begann, Tauben zu halten. Nicht nur: Sie züchtete, der Organisation beitrat, Vereinsvorstandsposten ausfüllte, die PR-Laufbahn einschlug, die erste Deutsche Rassetaubenschau im Osten unseres wiedervereinten Vaterlandes in Erfurt verantwortlich mit ausrichtete und den Aufbau des thüringischen Landesverbandes der Rassegeflügelzüchter mitgestaltete. An seiner positiven Entwicklung maßgeblich beteiligt war. In vielen Jahresausgaben des „Thüringer Geflügelzüchter“ lenkte er dessen anspruchsvolle Inhaltsqualität.
Die kleine Auswahl der Fotos mit ihm und der Exponate sprechen für sich. Auch hier animiert die Strahlkraft der Taube zum Schwärmen. Belebt Ihre symbolische Vielfalt inspirierend das Gedankengut, weckt sie Erinnerungen an musikalisch umrahmte Begebenheiten – an die Liebe, sympathische Begegnungen irgendwo, an Freude, Lebenslust! An Trauer – die uns nun mit dem Hinscheiden von E.G. Knaak einmal mehr gegenwärtig wird.
Die Taube, Begleiter des Menschen, wo man hinschaut. Auch im musikalischen Konsumangebot sind ihr keine Grenzen gesetzt, belebt sie wie selten woanders solistische und konzertante Ausdrucksformen der Musik. Querbeet ist sie – wie er aufzählte – zu finden: „In der Klassik, Oper, Operette, Musical, Rock, Pop, Punk, Folklore, Gospel und Schlager bis zur Musik der Friedensbewegung“.
Das Repertoire ist überwältigend. Zur Zeit dieser Sonderschau besaß der geniale Sammler etwa 300 Exemplare; als wir im Vorjahr letztmalig miteinander telefonierten, war sein Archiv auf über 1.100 Sammlerstücke angewachsen!
Mit nur 68 Jahren viel zu jung verstorben, haben wir mit Erhard G. Knaak einen vertrauten Weggefährten verloren. Insbesondere hatten es ihm die Tümmler-Rassen angetan, vor allem waren es die osteuropäischen und sibirischen. Seit unserer gemeinsamen, erlebnisreichen Reise 2001/2002 durch einen kleinen Teil Sibiriens mit dem Besuch der Inter. Taubenschau in Tjumen/Ural, fühlten wir uns sehr verbunden. Deshalb ist es mir und allen seinen Freunden wie auch Sympathisanten ein Anliegen, an dieser Stelle an ihn zu erinnern, an einen, der unserer Tauben-Gilde viel gegeben hat – er unvergessen bleiben wird.
Günter S t a c h
Ehrenmitglied des VDT
Das ist wirklich keine schöne Nachricht. Ich lernte Erhard Knaak zuerst auf der Schau 1989 in Nürnberg kennen und weiter auf der ersten Thüringer Landesschau in Arnstadt (ich meine 1990). Er war Vertreter der noch existierenden SZG sowjetischer Tauben und mit Erhard Frank, Erfurt, beim Zusammenschluss von SV und SZG zuständig. In der DDR fertigte er die Rundschreiben, damals noch auf Matritzen gefertigt. Erhard war nicht immer einfach im Umgang, hastte seinen eigenen Kopf und eigene Ansichten, gespickt mit intellektueller Ironie. Aber auch ein passionierter Kenner der russischen Taubenrassen, bis er sich aus der “Taubenwelt” zurückzog.