„Zeigen oder Nicht-Zeigen“ entscheidet am Bewertungstag
„Zeigen oder Nicht-Zeigen“ entscheidet am Bewertungstag
Wer von den Kropftaubenzüchtern und natürlich auch Preisrichtern kennt es nicht: am Bewertungstag herrschte absolute Flaute, trotz größter Bemühungen des Preisrichters, am Ausstellungssonntag präsentieren sich die Tauben dann von der besten Seite.
Wenn sich Kropftauben am Bewertungstag nicht zeigen, heißt das in der Regel, 93 Punkte können nicht mehr erreicht werden. Da kann die Haltung, Raumaufteilung, Farbe, Zeichnung oder das Auge noch so perfekt sein, wenn sich eine Kropftaube nicht zeigt, sprich sein Blaswerk nicht präsentiert, ist „sg“ praktisch ausgeschlossen.
Doch wie kann man Kropftauben so vorbereiten, dass sie auf Schauen möglichst immer ansprechbar sind? Im Folgenden möchte ich meine persönlichen Erfahrungen zu diesem sehr wichtigen Thema mit Ihnen teilen.
Grundstock ist in allen Fällen das ererbte Wesen. Tauben ohne entsprechendes „Schauwesen“ werden nie eine gute Figur in der Schaubox machen. Ich möchte sogar sagen, die Gene machen hier 80% aus. Die letzten 20% können durch Konstitution, Gewöhnung an die Schaubox und Vertrauen zur Umgebung des Schaugeschehens, erreicht werden.
Bereits während der Aufzucht sollte man die Jungtiere immer wieder in die Hand nehmen, auf ein Laufbrett oder ein Sitzbrettchen setzen und mit der Hand in die entsprechende Haltung bringen. Auch wenn Jungtiere dann fliegen und schon ein leichtes Blaswerk ansetzen, sollte man sie immer aufnehmen und aus der Hand laufen lassen. Der Kontakt und damit das Vertrauen der Tauben zum Züchter /Menschen muss aufgebaut werden. Im September kann dann auch mit der Gewöhnung an die Schaubox begonnen werden. Ein separater Vorbereitungsraum ist hier fast unabdingbar. Am besten geschieht dies anfangs nur tageweise und mit einem erfahrenen und routinierten Alttier als Boxnachbarn. Dies sollte mehrfach wiederholt werden. Unterstützt werden kann die Gewöhnung durch bestes Futter (evtl. auch Sämereien). Die Futter/Tränkebecher sollte man nach Möglichkeit farblich durchwechseln, die Tiere werden dadurch flexibel und sind für die Futter- und Wasseraufnahme nicht mehr auf eine bestimmte Becherfarbe fixiert.
Während der Gewöhnung sollten die Tauben in der Box mit der Hand immer wieder in Schaupositur gebracht werden. Manche Züchter haben auch einen Radio im Vorbereitungsraum, um die Tiere an die verschiedensten Geräusche, Stimmen und Laute zu gewöhnen. Auch ein Umsetzen in verschiedene Schauboxen mit unterschiedlichen Nachbarn sowie bei zweireihigen Boxen, einmal oben und dann wieder in der unteren Reihe, trägt positiv zur Gewöhnung bei. Je mehr Schausituationen die Tauben kennen, desto gelassener gehen sie damit um.
Bevor dann eine Großschau beschickt wird, hat sich auch das Absolvieren einer kleineren Schau bewährt, um die Coolness der Tiere zu stärken. Natürlich muss hierbei auf genügend zeitlichen Abstand geachtet werden, nicht zuletzt auch wegen des Jungtierkrankheitssyndroms.
Zur Schauvorbereitung gehört aber auch, dass die Tauben körperlich und auch optisch in bester Verfassung sind. Voraussetzung ist eine optimale Versorgung und Stärkung des Immunsystems. Bei Tauben mit Lackfarben kann man die Farbintensität und die Ausbildung von Lack durch dosierte Gaben von ölhaltigen Sämereien unterstützen. Auch hier gilt, was genetisch nicht oder nur schwach angelegt ist, kann durch Futter nicht ausgeglichen werden. Auch die Ausprägung roter Augenränder kann durch Futtergaben unterstützt werden, z.B. mit Mais, aber ebenfalls dosiert.
Zur optischen Erscheinung gehört zweifelsohne das Gefieder. Hier ist der Züchter gefordert, einen best möglichen Pflegezustand herzustellen. Was in der laufenden Mauser versäumt wird, kann später nicht mehr nachgeholt werden. Dies bedeutet, beste Versorgung, Vitamine, Mineralien, Grünfutter und vor allem auch ständige Kontrolle und Bekämpfung von Federparasiten. Dazu gehört auch, die Tauben so oft es geht baden zu lassen, wobei sich Badezusätze wie Essig und Waffenöl (z.B. Ballistol) bei mir sehr bewährt haben. Das Waffenöl pflegt einerseits die Feder, andererseits bekämpft es auch Federparasiten.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Schauvorbereitung bereits im Nest beginnt und nicht eine Woche vor der Schau. Nicht oder nicht genügend vorbereitete Tauben können nur in den seltensten Fällen in die oberen Punkteregionen kommen.
Max Michl
Mitglied VDT-Zuchtausschuss
“Kropftauben so vorbereiten, dass sie auf den Schauen möglichst immer ansprechbar sind”, darf nicht das Ziel sein. Täubinnen, die nach einer Schausaison einen Täuber nicht mehr als natürlichen Partner akzeptieren, sind die Folge. Und auch Täuber werden durch den Menschen “verhaltensgestört”, da auf ständiges Ansprechen mit Abwehrverhalten reagiert wird.
Die Fixierung auf das “sich schön zeigen” führt dazu, dass sich die sog. Spitzentiere gerade bei Kröpferrassen figürlich und damit auch qualitativ leider in einer sehr großen Bandbreite zeigen, sowohl Züchter als auch Preisrichter und Obleute fallen auf solche Blender herein, da die Rassemerkmale vernachlässigt werden. Für Kröpfer braucht man Zeit.
Max, ich danke Dir für den tollen Bericht. Wenn diese Dinge auch bei dem Kropftaubenzüchter längst in Fleisch und Blut übergegangen sein sollten, so sollte man sie immer wieder einmal in die Erinnerung zurückrufen. Danke für Deine Betrachtungen.
H. Sderra