Das Immunsystem stärken
Das Immunsystem stärken
Der Gesunderhaltung von Geflügel kommt weltweit eine immer größere Bedeutung zu. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München arbeiten daran, das Immunsystem von Hühnern zu unterstützen.
Auf der diesjährigen öffentlichen Vortragsreihe der „Hans-Eisenmann-Akademie“ http://hez.wzw.tum.de/index.php?id=41 referierte am 17.05.2018 Prof. Dr. med. vet. Bernd Kaspers vom Institut für Tierphysiologie der LMU München über:
“Das Immunsystem des Vogels und seine Entwicklung unter dem Einfluss der Mikrobiota”
Prof. Dr. med. vet. Bernd Kaspers, Fachtierarzt für Physiologie, Fachtierarzt für Immunologie, Fachimmunologe der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), Sprecher des Arbeitskreises Veterinärimmunologie der DGfI, Arbeitsgruppenleiter der AG Kaspers
Keine Tierart wird so oft geimpft, wie die Hühner. Ohne Impfungen wäre keine Hühnerhaltung in Großbeständen mehr möglich. Eine Legehenne erhält in der 16 wöchigen Aufzucht ca. 18 Schutzimpfungen. Problematisch sind die Nadelimpfungen, die aus arbeitswirtschaftlichen Gründen nicht immer zum idealen Zeitpunkt durchgeführt werden können. ( Zehntausende Hühner mehrmals in die Hand, fast unmöglich!)
Darum kommt der Gesunderhaltung der Geflügelbestände eine besondere Bedeutung zu! Geflügel weist aber eine Reihe von Eigenheiten im Immunsystem auf.
Geflügel hat keine Lymphknoten. Die für das Immunsystem wichtigen B-Lymphozyten werden in der „Bursa Frabicii“ gebildet!
Dem Team von Prof. Kaspers ist es nun gelungen B-Lymphozyten über längere Zeiträume zu kultivieren und diese Zellkulturverfahren für die Untersuchung von „Virus – B-Zell Interaktionen zu nutzen.
„Nach dem Schlupf der Vögel wandern die ersten B – Zellen aus der „Bursa Frabicii“ in die peripheren Organe. Interessanterweise gelingt es diesen Zellen aber nicht, aus dem Blut in den Darm einzuwandern, um dort das mukosale, das heißt zur Darmschleimhaut gehörende Immunsystem zu etablieren, wenn der Darm nicht durch Bakterien besiedelt ist“, betont Prof. Kaspers.
Keimfreie Tiere können auch keine IgA – Antikörper ( Immunglobulin A) bilden, die eine wichtige Rolle beim Schutz der Schleimhäute vor Infektionen spielen. Erst die Besiedlung mit einer vom Tier stammenden, komplexen Darmflora (Microbiota) führt zur vollen Reifung des Immunsystems!
„Unsere Daten bieten neue Ansätze, durch die gezielte Gabe eines definierten, aber limitieren Bakterien-Cocktails mit vielleicht 10 – 15 verschiedenen Bakterien die Entwicklung und Funktion des Immunsystems zu unterstützen und damit gezielte Krankheitsprävention zu erreichen, die aus ökonomischer Sicht, aber auch aus Sicht des Tierschutzes wünschenswert ist“, so Prof. Kaspers.
Und was können wir daraus für die Taubenzucht ableiten?
- Die Strategie in der Hühnerhaltung alles mit Schutzimpfungen lösen zu wollen hat in die “Sackgasse” geführt!
- Auch das Immunsystem unserer Tauben ist wie eine große „Kopieranstalt“ und hat nur Lösungen bei Keimen, mit denen es schon Kontakt hatte. ( Wie auch Herr Wudtke bereits in Kassel auf dem Meeting referiert hatte.)
- Eines der wichtigsten Organe ist der Darm. Den gilt es durch artgerechte/bedarfsgerechte Ernährung gesund zu erhalten.
- Das Immunsystem funktioniert erst/nur wenn die komplexe Darmflora intakt ist.
Der VDT hat bereits Kontakt mit Prof. Kaspers aufgenommen. Auch wenn dieser antwortete, dass seine Forschungsschwerpunkte die Hühner sind (Wie sollte es auch anders sein, denn dort geht es uns Geld!), so werden wir erörtern, ob man diese neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht auch in der Taubenhaltung nutzen können. Die Immunsysteme sind ja bekanntlich sehr ähnlich. Natürlich werden wir darüber weiter informieren!
Hoffentlich lesen dies auch unsere Rassehühnerhalter, denn dort beginnt man immer mehr in die „Sackgasse“ der Nutzgeflügelhalter einzubiegen!
Reinhard Nawrotzky, 24. Sebtember 2018