Schutzimpfungen bei Tauben
Gesundheitsmagazin – Schutzimpfungen (Kurzfassung)
Allgemeine Ausführungen:
Schutzimpfungen sind eine sehr effektive Möglichkeit Rasse,- Brief- und Ziertauben gegen genau definierte Erregerarten sehr wirksam zu schützen. Im besten Fall wird die Infektion in einer sehr frühen Phase abgewehrt. Möglich ist bei einigen Schutzimpfungen auch eine Infektion, welche aber ohne Ausprägung der typischen Krankheitssymptome bleibt, bzw. nur sehr schwache Symptome zulässt. Bei den meisten Impfungen kann ein Boostereffekt beobachtet werden. Leider ist das Beachten dieses Effektes im Rassetaubensektor eher die Ausnahme. Ein solcher Effekt wir erzielt, wenn 3-6 Wochen nach Erstimpfung, evtl. auch etwas später, eine zweite Impfung gegen die gleiche Krankheit erfolgt. Der Impfschutz wird damit erheblich verstärkt und die Immunitätsdauer deutlich verlängert. Im ersten Jahr wird die Immunität in der Regel deutlich über ein Jahr sicher aufgebaut. Die nach einem Jahr zu wiederholende Impfung basiert auch auf den Impferinnerungseffekt, welche dann den bestehenden Grundschutz aufnimmt und verstärkt. Die Immunitätsdauer wird umso länger, umso öfter in der Vergangenheit geimpft wurde. Eine lebenslange Immunität ist, anders als vielerorts behauptet, nicht zu erreichen. Auch das bestimmen eines Antikörpertiters ist kein sicheres Maß für die Wirksamkeit und Stärke der Immunität. Selbst bei hohen Infektionsdruck, können die Tauben die Krankheiten dann besser abwehren.
Die Impfempfehlungen werden durch die Impfstoffhersteller nicht immer so angegeben, wie der beste Schutz zu erzielen ist. Selbst bei der Applikationsstelle wird nicht genau genug empfohlen. Das ziehen einer ausreichenden Hautfalte erleichtert die beste Plazierung des Impfdepots, diese Stelle ist nur bohnengroß, bei der Täubin ist etwas mehr Platz als beim Täuber, bei dem ist das Venengeflecht deutlich größer ausgeprägt. Dort wird es in der Balzzeit etwas stärker aufgebaut und dient auch der Wärmeregulierung. Inwiefern die Damen das mitbekommen und als attraktiv erachten?
In der im Bild dargestellten Gefäßsituation bei einer Taube, ist die korrekte Injektionsstelle ganz knapp unter der Pfeilspitze zu finden, genau in der Mittelebene, dort ist ein weniges Millimeter breites gefäßfreies Areal vorhanden. Wird körperwärts injiziert, werden häufig Luftsäcke getroffen – dann hustet das Tier vielleicht kurz, ein Schutz wird aber nicht angehen. Zu weit Richtung Kopf geimpft verletzt man mitunter das Venengeflecht, es kann dann zum Ausspülen der Vakzine kommen oder eine Abzessbildung kann stattfinden, dann geht natürlich auch keine Immunität an oder es kommt zu plötzlichen Todesfällen. Wie sie es richtig vermuten, ist der Zuchtfreund, welcher die Taube dem Tierarzt hinhält und somit die Voraussetzung für ein ordentliches verabreichen der Vakzine bietet, ist noch wichtiger als der Verimpfer selber. Also die korrekte Haltung vorher zeigen lassen!
An dieser Stelle eine wichtige Empfehlung:
Achten Sie bitte immer darauf, dass besser mit Einmalbesteck geimpft wird. Die Unart mit Impfpistolen zu impfen schadet häufig mehr als es nutzt. Nur wer nach jeder Impfaktion die Pistolen auseinandernehmen kann, reinigen und nach Zusammensetzen wieder autoklavieren kann, das betrifft nur die Kollegen die ein sehr hohes Impfaufkommen haben, sollte mit Automaten impfen. Ich selber habe mich, trotz zeitweise hohen Impfaufkommens von den Automaten getrennt. Erfahrungsgemäß gehen immer wieder einige Dichtungen kaputt und der Zeitaufwand für ein fachgerechtes steril machen ist exorbitant. Häufig sind diese Automaten Herde der Infektionen und eine Krankheit wird zum anderen verschleppt, zumal wenn Nichtfachleute mit oder ohne Ausnahmegenehmigung impfen. Auch für meinen eigenen Berufsstand würde ich das Gundlagenwissen zur Anatomie der Taube und den geeigneten Umgang mit Impfpistolen nicht mit „der Hand ins Feuer legen“ bestätigen. Bei geringen Impfzahlen (unter 1000) sollte besser Einmalbesteck hergenommen werden und die Nadeln mit ausreichenden Durchmesser genommen werden, ansonsten wird der Auspressdruck zu hoch und es entstehen Impfschäden. Nadeln und Spritzen sind Pfennigartikel (Cent), deshalb häufig wechseln, mindestens nach jedem Bestand. Trifft man einmal auf eine Feder, dann Nadelwechsel. Hatte der Bestand in der Vergangenheit Probleme, häufiger Nadelwechsel (nach allen 10 Tieren), Notimpfungen bei Paramyxovirose – Nadelwechsel bei jedem Tier! Der geringfügige Mehraufwand macht sich mit Sicherheit bezahlt!
Wann und in welcher Reihenfolge sollten Schutzimpfungen getätigt werden, wenn diese kurz aufeinanderfolgen zum Beispiel Salmonellen / Paramyxovirose ?
Korrekt geimpft werden unsere Tauben, gegen Salmonellen drei bis vier Wochen vor der Anpaarung. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Tiere gesund, sprich impfwürdig, sein. Sie sollten möglichst auf Krankheitserreger getestet und notwendigenfalls behandelt sein. Viele sich anbahnende Krankheiten kann man schon im Vorfeld erkennen, d.h. bevor sichtbar eine Krankheit auftritt wie: Trichomonaden, Spironucleosis, Giardien, Innenparasiten, Außenparasiten, Salmonellen, etc.. Dann sind die Tiere „immunkompetent“, d.h. der Impfschutz kann sich optimal entfalten. Bei Problembeständen kann dann noch eine Impferinnerung in den Kropf oder über das Trinkwasser erfolgen. Entweder wenn die Tiere frisch auf Eiern sitzen, oder besser noch, das Impfregime mit der Zweitimpfung drei Wochen vor der Anpaarung endet. Die nächste Impfung aller Tiere erfolgt dann, wenn die letzte Brut gerade ausgeflogen ist, so daß sich die Jungtiere nicht an eventuell im Schlag befindlichen Dauerausscheidern infizieren.
Die Jungtiere haben ja nur einen über das Ei vermittelten kurzdauernden Schutz, welcher über die Wochen sehr schnell nachläßt = Passiver Impfschutz.
Die Salmonellenschutzimpfung sollte dann immer vor der Schutzimpfung gegen Paramyxovirus erfolgen. Zehn Tage Abstand dann besser nicht unterschreiten. Warum dies? Impft man Salmonellen zuerst, sind diese Impfsalmonellen bei der Lebendvakzine spätestens 10 Tage nach der Injektion wieder aus dem Körper verschwunden und haben für entsprechend intensive Abwehr gesorgt. Dann kann gefahrlos Paramyxo nachgeimpft werden.
Andersherum, Paramyxovirus – Jahresimpfstoffe sind ölige Emulsionen, welche mit gewissen Substanzen (Adjuvantien, Konservierungsstoffen) versetzt werden um die Haltbarkeit zu verlängern oder auch den Immunisierungseffekt zu verstärken. Impfen wir zuerst gegen Paramyxovirose, wird bei zu kurzen Zeitabstand der Lebendimpfstoff gegen Salmonellen mit seinen Impfkeimen in die Reste des Paramyxovirusimpfstoffes injiziert, dann überleben die Impfsalmonellen zu lange. Das ist nicht gewünscht. An der Injektionsstelle können Abzeße oder sogenannte Riesenzelltumore entstehen. Das sind bis tischtennisballgroße Zubildungen im Halsbereich. Auch Gewebsreaktionen mit Zelluntergang (Nekrosen), nach diesen Fremdkörpereintrag können an dieser Stelle auftreten. Die Impfung zu einem Termin an zwei verschiedene Stellen ist zwar möglich, bedarf aber einer wissenschaftlichen Abklärung und ist keineswegs als optimal anzusehen. Auch wenn die Hersteller so etwas als möglich beschreiben, sollte die Simultanimpfung nicht stattfinden. Vor einigen Jahren hatten wir einen Kombi – Impfstoff, welcher eine wässrige Lösung wie der Salmonellenimpfstoff war. Das hat vielen die Impfaktivitäten erleichtert, leider war die Paramyxovirosekomponente nicht so belastbar, wie die heutigen Jahresimpfstoffe. Diese erste Impfstoffgeneration hat uns aber einen großen Nutzen in der Zeit der Einschleppung der PMV Infektion nach Deutschland erwiesen.
Kombiimpfstoff gegen Paramyxovirose und Pocken
Derzeit ist dieser Impfstoff leider vom Markt. Ob er wieder kommt ist fraglich. Was den Schutz in Bezug auf die Paramyxovirusinfektion (PMV-1-I) betrifft, wird durchaus der übliche Jahresschutz erreicht. Allerdings wird die Wirksamkeit gegen die Pockeninfektion infrage gestellt. Verschiedene Applikationsformen wie: unter die Haut, über den Schnabel oder in den Muskel sind in Bezug auf Pockenschutz fragwürdig. Es werden vermutlich nur die Symptome geringgradiger ausfallen und ein Teil der Tiere wird nicht sichtbar erkranken, aber einen Schutzwert, bei welchem mindestens 80 % der Tiere sicher geschützt sind, wird wohl kaum erreicht werden. Bislang scheint die Federfollikelmethode immer noch die Methode der Wahl bei Pockenseuchenzügen zu sein, um einen hochwertigen Impfschutz gegen die Pockenvirusinfektion erzielen zu können. Leider ist auch dieser Impfstoff immer mal wieder schwer verfügbar. Ähnliche Ergebnisse erbringt die Flügelstichmethode (wing web). Der Kombi-Impfstoff war sicherlich empfehlenswert, doch sollte in einer Situation mit Infektionsdruck, d.h. im Umkreis sind Pocken aufgetreten, sicherheitshalber mittels Federfollikelmethode geboostert werden = nachgeimpft mit Verstärkungseffekt.
Prinzipiell sind Kombinationsimpfstoffe anzustreben, leider ist in dieser Hinsicht wegen der geringen Abnahmemengen und schwindender Züchterzahlen nur wenig von unseren großen Impfstoffherstellern zu erwarten. Für Tier und Mensch würde der Aufwand und Streß verringert und vor allem: die Bereitschaft Krankheiten wirksam vorbeugen zu können, erheblich gesteigert. Gerade betreffs der Kombinationsimpfstoffe sollte doch seitens des BDRG, VDT, Verband Deutscher Brieftaubenliebhaber diese Richtung unterstützen!
Prinzipiell ist festzustellen, jede beim gesunden Tier durchgeführte Schutzimpfung hat einen positiven Effekt auf die Paramunität. Dies sind die unspezifischen Abwehrmechanismen, welche in der Frühphase der Infektion ansprechen und die Immunitätsbildung durch Hilfsleistungen assistieren, wirken somit „gegen Tod und Teufel“ (keine wissenschaftliche Ausdrucksweise).
Erwähnt sollen auch mögliche Schutzimpfungen gegen Circovirose, leider derzeit noch nur über Impfstoffe gegen Schweinecircovirose versuchsweise möglich. Chlamydienimpfstoffe und Taubenherpesvirusimpfstoffe gab es in Ungarn, haben sich leider nicht durchgesetzt, bzw. waren nur mäßig wirksam. Hätten wir Züchter eine bessere Lobby, wäre eine Weiterentwicklung oder Neuentwicklung in diesen Bereichen recht kurzzeitig möglich, das betrifft auch Impfstoffe gegen Adenovieren, Reovieren…..
Sehr hilfreich können auch „Bestandsspezifische Vakzinen“ sein. Diese sind individuell zusammenzusetzen und können gegen mehrere Keime angefertigt werden. Diese Vakzine können mehrere Hersteller anbieten.
Ein Beispiel hierfür:
Hierdurch wird den Tieren, auch in Belastungszeiten, kein Schaden zugefügt. Eine Verabreichung über das Trinkwasser ist möglich. Die Impfkeime sind keine Lebendkeime. Auch kann in der Regel diese Bestandsvakzine entsprechend der sich ändernden Infektionssituation im Schlag angepasst werden – ein neu angezüchteter Keim kann dann bei der nächsten Herstellung hinzugefügt werden. Je nachdem wie treffsicher man die „richtigen“ Krankheitserreger herausgefunden hat, klappt das mehr oder weniger gut. Sind nur Begleitkeime als die vermeintlichen Erreger falsch identifiziert, wird nur die allgemeine Abwehr unterstützt. Schaden kann kaum entstehen, auch ist die Einbeziehung dieser Impfform in Impfschemen mit anderen Salmonellen Impfungen einbeziehbar und als Impfverstärkung (Boosterung) nutzbar. Natürlich nur wenn auch Salmonellenstämme mit in die Bestandsvakzine eingebaut worden sind.
Wichtig ist es zunehmend mit dem behandelnden Kollegen zu besprechen, das er ausreichend Impfstoffe vorrätig hält. In der Vergangenheit zeigte sich, Lücken in der Impfstoffversorgung werden immer größer, vor allem dann, wenn Bedarf besteht. Hat ein Hersteller nichts mehr, kann man drauf warten, das der Konkurrenz auch bald die Luft ausgeht. Bei manchen denkt man, die Grundstoffe kommen wohl doch aus denselben Quellen, warum fällt immer alles überall gleichzeitig aus? Hoffentlich nur eine böswillige Unterstellung meinerseits? Bei anderen Medikamenten haben wir Gleiches zu verzeichnen. Eine Firma kauft die Andere auf, irgendwann blickt dann keiner mehr durch.
An dieser Stelle erst einmal genug. Gerne habe ich die Anregung vom VDT-online-Team aufgenommen und diesen Beitrag verfasst. Wenn gewünscht, werde ich so nach und nach wieder einige Beiträge zur Verfügung stellen. Für Anregungen und Hinweisen bin ich immer dankbar.
Ihr Zuchtfreund Maik Löffler, Mitwitz, Juli 2017
Hallo Herr Löffler,
besten Dank für Ihren interessanten und tiefgründigen Bericht.
Schade, dass es aufgrund der schwindenden Züchterzahlen mit der Herstellung von Impfstoffen bergab geht und kein Interesse an Neuentwicklungen besteht. Verstehen kann man es natürlich, denn die Herstellerbetriebe müssen wirtschaftlich arbeiten.